Was es mit diesen Zahlen auf sich hat? 107 Sekunden waren noch zu spielen, als die Heidelberger mit 8 Punkten hinten lagen und 1 Mann 14 Punkte am Stück erzielte. Inklusive eines spektakulären Gamewinners zum Endstand von 93:90 für die MLP Academics Heidelberg. Über weite Strecken waren die Gäste aus Hessen das Ton angebende Team, dominierten teilweise nach Belieben und spielten zu Beginn des dritten Viertels gar einen 21 Punkte Vorsprung heraus. Doch wie bereits im ersten Spiel stimmte auch an diesem Abend die Moral der Mannschaft von Joonas Iisalo, weshalb es gelang sich Schritt für Schritt an den Gegner heranzukämpfen. Dieses Spiel wird nicht nur in die Geschichte der Heidelberger sondern auch der easyCredit Basketball Bundesliga eingehen.
Die Partie startete aus Sicht der Kurpfälzer ähnlich wie das erste Saisonspiel gegen Ludwigsburg. In der Verteidigung agierte man wie ein zahnloser Tiger und ließ jegliche Physis vermissen. Während die aggressiv verteidigenden Hessen schon fünf Mannschaftsfouls auf der Anzeigetafel hatten, standen dort für die Gastgeber noch kein einziges zu Buche. Eine von Iisalo genommene Auszeit sollte Abhilfe schaffen und wachrütteln. Zwar agierte man nun etwas aggressiver in der Verteidigung. Dies hatte aber derart schnell viele Fouls zur Folge, dass man selbst in kürzester Zeit an der Teamfoulgrenze angelangt war und selbst dann noch unnötige Fouls beging, die logischerweise zu zahlreichen Freiwürfen für die Skyliners führten.
Mit einem 25:33 ging es somit in die erste Viertelpause. Der Spielstand lässt erahnen, dass die Offense erneut zu gefallen wusste, die Defense jedoch deutlich anziehen müsste, sollte es was mit dem ersten Heimsieg werden. Das zweite Viertel eröffnete der gut aufgelegte De’Jon Davis (20 Punkte) mit einem Dreier nach schöner Vorlage durch Eric Washington und einem erfolgreichen Korbleger. Der Rückstand schmolz auf drei Punkte und in der Halle machte sich die Hoffnung breit, dass die Kurpfälzer nun das Spiel an sich reißen könnten.
Doch es schien an diesem Abend so, als hätten die Skyliners stets die richtige Antwort parat. Häufig, wenn es so wirkte, dass das Momentum auf Heidelberger Seite sein könnte, unterliefen den Gastgebern haarsträubende Ballverluste, die die Hessen konsequent zu sogenannten Transition-Points zu nutzen wussten. So ging auch das zweite Viertel, auch wenn man nun defensiv einen besseren Zugriff auf die Partie bekam, verloren (18:21). Die Folge war ein wenig erbaulicher 43:54 Rückstand zur Halbzeit.
Man kann sich ausmalen, wie die Stimmung in der Kabine gewesen sein muss. Dem Trainerteam um Iisalo, Hylke van der Zweep und Serena Benavente konnte der mangelnde Einsatz, die fehlende Cleverness und das daraus resultierende Ergebnis nicht gefallen. Die Hoffnung auf schnelle Genesung war jedoch schnell begraben, denn erneut kamen die Hessen besser ins Spiel. So leuchtete nach gut 23 Minuten Spielzeit ein 44:55 auf der Anzeigetafel. Es schien fast, als wollte nichts funktionieren. Jeder 50/50 Ball landete beim Gegner, Bälle tanzten auf dem Ring und sprangen auf der Seite der Gastgeber wieder heraus, auf Seiten der Gäste schienen sie wie magnetisch angezogen noch im Korb zu landen.
Das Glück wollte Iisalo jedoch nicht als Faktor gelten lassen: Für 25 Minuten waren wir die schlechtere Mannschaft. Frankfurt ist ein sehr toughes Team, dass sehr hart agiert hat. Sie haben hervorragende 25 Minuten gespielt und wenn ich uns anschaue, muss ich sagen, dass wir bis zu diesem Punkt definitiv das schlechtere Spiel hatten. Danach haben wir es durch die Energie der Jungs geschafft, das Spiel zu drehen.
Tatsächlich schien ein Ruck durch die Mannschaft zu gehen. Angeführt von Davis und dem immer stärker werdenden Vincent Kesteloot, der am Ende auf beachtliche 14 Punkte bei seinem Debüt kam, kämpften sich die Academics Schritt für Schritt heran – und der Funke sprang auf das bis dahin wenig verwöhnte Publikum über. Angetrieben von über 1.800 laut anfeuernden Fans konnte der Rückstand um 14 Zähler auf 66:73 bis Viertelende verkürzt werden. Der Glaube, dieses Spiel noch drehen zu können, war wieder da. Die Skyliners um Coach Geert Hammink hatten jedoch entschieden etwas gegen ein Comeback. Sie wollten es dieses Mal besser machen, als beim Auswärtsspiel in Bayreuth, wo man ebenfalls eine hohe Führung herausspielen konnte, sich am Ende aber nach Verlängerung geschlagen geben musste. Der Rückstand pendelte sich auf stabilem und wohl beruhigendem Niveau zwischen sechs und zehn Punkten für die Gäste ein. Das vierte Viertel glich eher einem offenen Schlagabtausch als einer Aufholjagd.
War es die Teamleistung, die die Heidelberger wieder in Schlagdistanz gebracht hatte, so war es vor allem ein Mann, der das Zepter an sich riss: Point Guard Eric Washington. Seine One-Man-Show dürfte ohne Zweifel in die Geschichte der Basketball Bundesliga eingehen. Nach einem Coast-to-Coast Korbleger ließ er vier erfolgreiche Dreier folgen. Aus nahezu allen Lagen. Beim Stand von 87:90 besorgte der US-Amerikaner mit dem dritten Dreier zunächst den Ausgleich bei noch neun Sekunden zu spielen. Die Frankfurter hatten nun also die Möglichkeit, das Spiel doch noch zu ihren Gunsten zu entscheiden, doch ein zu früh und aus der Not genommener Distanzwurf verfehlte deutlich sein Ziel und ließ dem pfeilschnellen Heidelberg Guard ausreichende drei Sekunden, um noch einen Wurf loswerden zu können.
Washington, begeisterter Hobby-Mathematiker, hatte sich ausgerechnet, wie viele Dribblings er bei der verbleibenden Zeit noch nehmen würde können. Zwar benötigte er mehr als berechnet, die Zeit reichte dennoch aus. Aus vollem Lauf kommend, schloss er im Seitwärtsfallen mit Körperkontakt ab und versenkte den Ball zur ersten und einzigen Heidelberger Führung des Spiels, mitten ins Herz der Gäste, die nicht richtig fassen konnten, was da gerade geschehen war. Die Halle stand Kopf, die Heidelberger Fans waren verständlicherweise komplett aus dem Häuschen und der erste Sieg war eingetütet. Dank einer kämpferischen Teamleistung, aber natürlich auch Dank Eric Washington, der am Ende auf 26 Punkte und 6 Assists kam.
Für Heidelberg spielten: Eric Washington (26 Punkte), De’Jon Davis (20 Punkte), Vincent Kesteloot (14 Punkte), Bryan Griffin (12 Punkte), Elias Lasisi (9 Punkte), Syhron Ely (5 Punkte), Lukas Herzog (3 Punkte), Max Ugrai (2 Punkte), Niklas Würzner (2 Punkte), Akeem Vargas (0 Punkte), Leon Friederici und Felix Edwardsson (DNP).