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28. Dezember 2023

109:113 – welch ein Overtime-Krimi zwischen Heidelberg und Göttingen

Welch ein Overtime-Krimi, welch eine Achterbahnfahrt der Gefühle und welch ein ganz bitteres Ende aus Sicht der Hausherren: Die MLP Academics Heidelberg verlieren nach Verlängerung mit 109:113 (20:22, 29:23, 24:27, 23:24, 13:17) gegen die BG Göttingen in der easyCredit Basketball Bundesliga, so dass die Situation für unsere Jungs vom Neckar in den nächsten Wochen noch eine Spur delikater wird. Denn nach der knappen, unnötigen Niederlage gegen die „Veilchen“ sitzt Heidelberg weiter tief im Tabellenkeller fest. Vor 4.410 Zuschauern im ausverkauften SNP dome verpassten die Iisalo-Schützlinge den sehnsüchtig erwarteten ersten Heimsieg, wohingegen die Niedersachsen ihren ersten Auswärtserfolg und somit einen Befreiungsschlag feiern durften.

MLP Academics trennen sich von Jeffrey Carroll

Bei der Partie gegen Göttingen nicht dabei war Jeffrey Carroll. Die MLP Academics Heidelberg und der Forward haben sich getrennt, der US-Amerikaner ist dementsprechend nicht mehr Teil des Kaders. Die Academics wünschen Jeffrey privat und beruflich alles Gute!

Ohne den 29-jährigen Amerikaner, der vor der Saison von finnischen Meister Helsinki Seagulls in die Kurpfalz gewechselt war, begannen beide Kellerkinder im „X-Mas Game“ sehr schwungvoll. Den etwas besseren Start erwischten derweil die Gäste, die nach sechs Minuten mit 7:14 (6.) in Front lagen. Vor allem Göttingens Small Forward Bodie Hume traf aus allen Lagen. Freilich hatten die Einheimischen die richtige Antwort parat. Dreier von Isaiah Whaley, Elias Lasisi, Paul Zipser und Kapitän Akeem Vargas brachten die MLP Academics prompt auf Schlagdistanz (20:22, 1. Viertel).

Noch einen Tick stabiler und effizienter wirkten sie im zweiten Teilabschnitt. Neuzugang Joshia „Josh“ Gray, Center Isaiah Whaley und „Powerman“ Tim Coleman waren in dieser Phase die auffälligsten Protagonisten auf Academics-Seite. Mit dem cleveren Ausnutzen von Pick-and-Roll-Konstellationen und feinem Zusammenspiel setzten sich die Blauhemden unter der Regie von „Josh“ Gray (insgesamt 22 Punkte und zwölf Assists) etwas ab. Dass es weiter knapp blieb, war auf die hohe Dreierquote der Göttinger (56 Prozent) zurückzuführen. Hier ließen die MLP Academics den BG-Kunstschützen teilweise einfach zu viel Platz.

12-Punkte-Polster binnen 2:17 Minuten

Trotzdem herrschte unter den mitfiebernden Fans nach dem 49:45-Pausenstand reichlich Zuversicht auf den überfälligen ersten Triumph in der siebten Heimpartie. Zumal sich Heidelberg mit gutem, geduldigem und sehenswertem Passspiel binnen 2:17 Minuten ein Polster verschaffte. Einem 11:0-Lauf von 55:54 auf 66:54 (25.) hatten die „Veilchen“ nichts entgegenzusetzen. So gewonnen, so zerronnen? Nach einem unsportlichen Foul von Whaley an Osaro Rich und zwei aufeinanderfolgenden Dreiern von Zach Ensminger und „Aussie“ Grant Anticevich sowie dessen zusätzlichen Offensivrebound führte urplötzlich wieder die Mannschaft von Cheftrainer Olivier Foucart, ehe Vincent Kesteloot das „Rad“ per Dreier auf 73:72 (3. Viertel) zurückdrehte.

Dieses Aufeinandertreffen blieb atemlos – und eben auch ein furios-kurioses Offensivspektakel. Die Spannung stieg quasi von Minute zu Minute. Um jeden Zentimeter des Parketts wurde im SNP dome gekämpft. Leider sollte 5:29 Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit der Fight unter den Körben für Whaley vorbei sein. Beim Blockstellen kassierte Whaley sein fünftes Foul. Eine erhebliche Schwächung für die MLP Academics sollte dies sein – denn zu diesem Zeitpunkt war er der Topscorer.

Die Dezibelstärke ist im SNP dome nicht mehr messbar

Es wurde immer „wilder“: Hier ein 4-Punkt-Spiel von Tim Coleman zum 87:84 (36.), dort fünf Punkte von Umoja Gibson und Bodie Hume zum 89:91 (37.). Dann verlegt Fedor Zugic einen freien Korbleger, Gray fabriziert einen Airball. 3,5 Sekunden stehen noch auf der Uhr. Colemans fünftes Foul schickt Hume an die Freiwurflinie. Im „Dom“ steigt die Dezibelstärke – gefühlt – ins Unermessliche. 96:95 steht’s, Hume verwandelt einen seiner beiden Freiwürfe zum 96:96. Ein weiter Dreier von Gray aus über neun Metern Entfernung springt auf den hinteren Teil des Rings. Aus. Overtime.

In dieser sind die Göttinger ein bisschen glücklicher und cleverer. Gray trifft noch einen Dreier mit Brett zum 107:107, kurz danach ist auch für den Playmaker Schluss (fünftes Foul, 1:12 Minuten). Letztendlich machen die Fouls, die Freiwürfe vornehmlich von Gibson sowie Offensiv- wie Defensiv-Entscheidungen der MLP Academics den kleinen, feinen Unterschied aus. Göttingen behält nach 45 höchst emotionsgeladenen Minuten mit 113:109 die Oberhand und feiert den Sieg gemeinsam mit den BG-Fans ausgelassen.

Rebounds und Anzahl der Freiwürfe sind entscheidend

Und Heidelberg? Die hiesige Basketball-Community vermochte sich die elfte Niederlage im 13. Saisonspiel kaum zu erklären. Hinterher versuchte Sympathieträger Elias Lasisi im Business Club, das Geschehen einzuordnen. „Die Rebounds waren ein Problem. Vor allem aber waren es unsere dummen Fehler und Fouls. Deshalb haben wir heute verloren“, sagte der sympathische Belgier. Lasisis zutreffende Analyse belegte der Blick aufs Scouting. In vielen Kategorien bewegten sich die BBL-Tabellennachbarn auf Augenhöhe. Bei den Rebounds freilich hatten die MLP Academics mit 33/40 (Offensivrebounds 6/13!) das Nachsehen. Und obgleich Heidelberg zwar hochprozentig von der Linie traf (15/16 oder 94 Prozent), wurde exakt von dieser Stelle aus das messerscharfe Duell zweier gleichwertiger Teams zu Gunsten der Südniedersachsen entschieden. 29/39 Freiwürfe versenkten die BG-Profis, scorten dadurch 14 Punkte mehr, zumal sie lediglich 20 im Vergleich zu 32 Fouls für Heidelberg gepfiffen bekamen.

Was stimmt positiv? Die Dreierquote von 44 Prozent (18/41) sind ebenso ein Hoffnungsschimmer wie der überragende Effizienzwert (30) von „Josh“ Gray und der nach oben zeigende Leistungstrend bei Eigengewächs Paul Zipser. Daran kann sich das Kollektiv von Joonas Iisalo durchaus aufrichten.

Für die enttäuschten „Riesen vom Neckar“ geht es bereits am Samstag (20 Uhr) beim FC Bayern Basketball weiter. Letzte Saison konnte bekanntlich der BMW Park im Münchner Stadtbezirk Sendling-Westpark „gestürmt“ werden. Ist gar ein zweiter Husarenstreich möglich? Elias Lasisi bekräftigte, dass bei jedem Match, ganz gleich gegen wen, eine Chance bestünde, auch im Kräftevergleich mit dem Starensemble von „Trainer-Routinier“ Pablo Laso. Gefragt nach den drei zentralen Wünschen für sein Team und das Jahr 2024 musste Elias Lasisi nicht lange zögern. „Gewinnen, gewinnen, gewinnen“, sagte Heidelbergs Shooting Guard nach einem Basketball-Krimi sondergleichen sowie allseits Adrenalinausschüttung pur.

Stimmen zum Spiel:

„Gratulation an Coach Foucart. Ich möchte unseren wunderbaren Fans heute danken. Sie zeigen immer ihre Unterstützung, auch in schwierigen Phasen. Das Spiel hätte heute in beide Richtungen entschieden werden können. Wenn wir einen Wurf mehr treffen, den Ball nicht verlieren oder in den entscheidenden Momenten foulen, gewinnen wir das Spiel. Insgesamt haben wir weitere Schritte nach vorne gemacht. Aufgrund einer schlechten Phase im dritten Viertel, in der wir nicht an unseren Prinzipien festgehalten haben, haben wir dieses Spiel heute verloren.“ – Joonas Iisalo, Headcoach der MLP Academics Heidelberg.

„Ich bin sehr zufrieden mit dem Sieg. Ich denke, die Jungs haben sehr hart gekämpft. Es war ein Spiel, was in beide Richtungen hätte gehen können. Da war heute auch ein wenig Glück dabei. In der Verlängerung sind es immer Details, die entscheidend sind. Wir haben, auch als wir zurücklagen, immer gekämpft. Ich denke, das war der Schlüssel zum Sieg. Das ist ein wichtiger Sieg für uns.“ – Olivier Foucart, Headcoach der BG Göttingen.

„Ich denke, dass wir die ersten 25 Minuten das Spiel kontrolliert haben. Danach haben wir ein wenig die Kontrolle verloren und zu viele Turnover gehabt, Offensivrebounds abgegeben und so haben sie es geschafft, das Spiel wieder eng zu gestalten. Am Ende ist es auch die Verteidigung. Sie bekommen zu viele And-Ones und zu viele offene Dreier. Am Ende verpassen wir wichtige Würfe, wir sollten aber gar nicht erst in diese Position kommen, in der das Spiel so eng wird.“ – Vincent Kesteloot, Small Forward der MLP Academics.

„Insgesamt haben wir hart gekämpft. Wir hassen es, so ein enges Spiel zu verlieren. Es gibt aber eine Menge guter Dinge, die wir aus diesem Spiel mitnehmen können. Ich muss auch mich selbst kritisieren, weil ich in so einer wichtigen Phase meinem Team nicht mehr helfen konnte.“ – Isaiah Whaley, Center der MLP Academics.

„Leider hat es heute nicht gereicht, daraus müssen wir lernen. Wir müssen als Team besser werden. Ich möchte mich bei den Fans bedanken, dass sie heute so zahlreich erschienen sind und uns unterstützt haben. Defensiv müssen wir mehr Stopps generieren und besser aushelfen. Ich weiß, verlieren ist nie leicht. Wir müssen aber zusammenbleiben und positiv bleiben. Wir sind gut genug! Daran müssen wir glauben.“ – „Josh“ Gray, Point Guard der MLP Academics.

Für die MLP Academics Heidelberg spielten: Joshia Gray 22 (4 Dreier, 12 Assists), Vincent Kesteloot 19 (3), Isaiah Whaley 19 (2), Tim Coleman 16 (2), Elias Lasisi 16 (3), Paul Zipser 11 (2), Bennet Hundt 3 (1), Akeem Vargas 3 (1), Niklas Würzner, Marcel Keßen (DNP), Samuel Schally (DNP), Evan Rietsch (DNP).

BG Göttingen: Bode Hume 24 (5), Umoja Gibson 21 (2, 9 Assists), Karlis Silins 16 (2, 13 Rebounds), Zach Ensminger 13 (2), Osaro Rich 13 (1), Grant Anticevich 12 (2), Fedor Zugic 8 (1), Mathis Mönninghoff 3 (1), Philipp Hartwich 3, Peter Henschemeier (DNP), Max Wüllner (DNP).

Joachim „Jogi“ Klaehn
MLP Academics Heidelberg
Kommunikation und Medien

Beitragsfoto: Achim Kunetka

Zuschauer:innen: 4410
MLP Academics Heidelberg – Basketball mit Zukunft