Mehr Körner unter den Körben zu lassen, ist kaum möglich. Die MLP Academics Heidelberg gewinnen bei den Veolia Towers Hamburg 83:79 (19:21, 23:20, 22:19, 19:19) zum Abschluss des 27. Spieltags in der easyCredit Basketball Bundesliga. 2.307 Zuschauer in der Inselpark Arena sahen am Montagabend ein ungemein spannendes, intensives und emotionales Match, das Academics-Topscorer Justin Jaworski (31 Punkte) 5,9 Sekunden vor der Schlusssirene mit zwei verwandelten Freiwürfen entschied.
„Wir haben gekämpft bis zum Ende“, sagte Academics-Headcoach Ingo Freyer bei Dyn, „wir wollten die Intensität der Hamburger matchen. Doch dann wurde die Personaldecke immer dünner und wir haben es dennoch geschafft!“ Der beim SC Rist Wedel vor den Toren Hamburgs aufgewachsene Freyer durfte megastolz auf sein Team sein.
Mit einer bemerkenswerten Energie- und Willensleistung wiesen unsere MLP Academics im sechsten BBL-Aufeinandertreffen seit 2021 Angstgegner Hamburg erstmalig in die Schranken, verbuchten damit den siebten Saison- und vierten Auswärtserfolg und verschafften sich weiterhin etwas Luft im knallharten Fight um den Ligaverbleib. Die Tabellensituation hat sich sieben Spieltage vor Abschluss der regulären Saison zugespitzt: Mit dem SYNTAINICS MBC, der BG Göttingen, den Rostock Seawolves, MLP Academics, HAKRO Merlins Crailsheim und den Tigers Tübingen sind inzwischen sechs Mannschaften, also ein Drittel im deutschen Basketball-Oberhaus, akut abstiegsgefährdet.
Die Kurpfälzer mussten im Stadtteil Wilhelmsburg auf die zwei Importspieler Elias Lasisi und Abu Kigab (beide verletzt) verzichten, so dass Ingo Freyer mit einer Neuner-Rotation agierte. In solchen „Schlachten“ braucht es Helden. Profis, die bis an ihre Grenzen oder sogar darüber hinaus gehen, und alles für den Teamerfolg tun. Trotz widriger Umstände wie in der Hansestadt. Nachdem Isaiah Whaley (31. Minute) und Marcel Keßen (32.) mit fünf Fouls frühzeitig das Feld verlassen mussten und Jeffrey Carroll mit der Hypothek von vier Fouls (ab der 21. Minute!) höchste Konzentration und Vorsicht abverlangt worden war, glich diese Korbjagd einer Herkulesaufgabe, die kaum mehr zu bewältigen schien. Doch letztlich warfen die Jungs vom Neckar alles in die Waagschale. Mit Leidenschaft, bewundernswerter Disziplin, Können, Glück und Geschick brachten die Freyer-Schützlinge einen wertvollen Auswärtscoup über die Ziellinie, der den Aufwärtstrend seit dem Nationalmannschaftsbreak im Februar belegt. Vier Triumphe aus den letzten fünf Spielen (Bonn, Rostock, Crailsheim und jetzt Hamburg) helfen enorm, am 12. Mai das rettende Ufer tatsächlich zu erreichen.
Was war neben der Wucht an Couragiertheit in der Offensive und ununterbrochener Aggressivität in der Defensive ausschlaggebend? Die kompakte Kollektivleistung. Mit dem ersten Sprungball bot man den favorisierten „Türmen“ die Stirn, ließ sich selbst durch einen 10:0-Lauf der Nordlichter und knapp fünf Minuten ohne eigenen Korberfolg im ersten Viertel nicht aus der Fassung bringen und verstand es in besonders kritischen Momenten und Phasen stets effizient zu kontern. Justin Jaworski trug das Heidelberger Team mehr denn je. Nicht allein wegen seiner Punkteausbeute, sondern eben auch durch seine 7 Rebounds, 5 Assists, 4 Steals, die seine 9 Turnover wettmachten. Fast 39 Minuten lang ackerte der 24-jährige Amerikaner. Seine Extraklasse ist unstrittig, sein Leadership ebenfalls.
Genauso wichtig, dass Jeffrey Carroll (18 Punkte, 54,6 Prozent Trefferquote aus dem Feld) und Wirbelwind Bennet Hundt (15, 55,6 Prozent) Jaworski hauptsächlich im Scoring vorbildlich unterstützten. Elijah Childs hatte einige spektakuläre Szenen bei seinen krachenden Dunkings, hängte sich gerade gegen Hamburgs bullige Center-Garde Aleksander Dziewa (2,07 Meter) und Jonas Wohlfahrt-Bottermann (2,08 Meter) mächtig rein. Kapitän Akeem Vargas, gegen Crailsheim der Matchwinner, Niklas Würzner und Marcel Keßen opferten sich vorwiegend in der Abwehr auf. Paul Zipser wechselte in der Crunchtime nach dem Ausscheiden von Whaley und Keßen auf die Position vier und erledigte seinen Job tadellos.
Das Bild des Abends war eine Szene 41 Sekunden vor dem Ende, als sich Childs, Jaworski und Dziewa gleichzeitig auf den Ball warfen und sinnbildlich ein Korbjäger-Knäuel auf dem Boden der Inselpark Arena bildeten. Eine Momentaufnahme, die das unbedingte, kompromisslose Ringen um den Sieg ausdrückte. Die Partie wurde mit Ballbesitz für die MLP Academics fortgeführt, Jaworski mit Ablauf der Shotclock von William Christmas geblockt. Dann verwarfen Aljami Durham (und verletzte sich dabei) und V.J. King. Zwischenzeitlich hatte Jaworski nervenstark seine Freiwürfe zum finalen 79:83 in der Reuse untergebracht.
Kurzum: Die Veolia Towers Hamburg verlieren ein „Must-Win-Game“, die MLP Academics jubeln nach einem weiteren Sieg. Und die Freyer-Jungs können damit befreiter zum Baden-Württemberg-Derby am Samstag (20 Uhr/live bei Dyn ab 19.45 Uhr) zu den MHP RIESEN Ludwigsburg fahren. Auch dort wird der Underdog wieder alles reinwerfen.
„Das Spiel wurde über den Kampf entschieden. Wir haben es geschafft, mit den uns noch verbleibenden Spielern unseren Plan bis zum Schluss durchzuziehen – das war stark. Seit dem Nationalmannschaftsfenster konnten wir konstant gut trainieren. Und ich denke, das spiegeln auch die letzten Ergebnisse wider. Auch in Göttingen waren wir nah dran am Sieg. Das stimmt mich insgesamt zuversichtlich für den weiteren Verlauf der Saison.“ – Ingo Freyer, Headcoach der MLP Academics Heidelberg.
„Wir haben 18 Ballverluste gehabt, zehn Punkte an der Freiwurflinie liegen gelassen und zehn Offensivrebounds abgegeben, wir hatten wieder einen grauenhaften Tag von der Dreierlinie – das entscheidet das Spiel und nicht die letzte Szene. Natürlich regen wir uns auf und in meinen Augen auch zurecht. Da waren mehr als zwei Fehlentscheidungen dabei. Aber das werden sich die Unparteiischen sicher ansehen und aufarbeiten. Ausdrücklich: Wir verlieren nicht wegen dieser einen Szene am Ende. Wir hatten mehr als genug Möglichkeiten, das Spiel für uns zu entscheiden. Aber wir haben sie heute nicht genutzt.“ – Benka Barloschky, Headcoach der Veolia Towers Hamburg.
„Wir haben eine gute Energie- und Konzentrationsleistung gezeigt. Nach der Halbzeit haben wir das Pick-and-Roll der Towers viel besser verteidigt. Paul war am Ende ready und hat performt. Justin ist ein sehr wichtiger Mann für uns. Die anderen Spieler müssen reinkommen, ihn entlasten und ihm zumindest eine kleine Pause verschaffen. Das ist uns heute erneut gelungen. Nach dem Crailsheim-Spiel hatte ich mir vorgenommen, konzentriert zu bleiben. Ich habe die Woche hart trainiert und Extraeinheiten eingelegt.“ – Bennet Hundt, Point Guard der MLP Academics.
Joachim „Jogi“ Klaehn
MLP Academics Heidelberg
Kommunikation und Medien