Heidelbergs Korbjäger mögen es gerne spannend – und mitunter ist es eben auch unnötig aufregend. Doch was am Karsamstagabend letztendlich zählt, ist der „enorm wichtige Heimsieg“ (Headcoach Ingo Freyer) gegen einen der Abstiegskonkurrenten in der easyCredit Basketball Bundesliga. Punkt 20.25 Uhr durfte nach 40 intensiven Minuten im SNP dome gejubelt werden. Die MLP Academics Heidelberg gewannen knapp, aber verdient mit 90:86 (24:24, 31:20, 22:20, 13:22) gegen die HAKRO Merlins Crailsheim und sprangen damit auf einen Nichtabstiegsplatz.
Vor drei Wochen sah die BBL-Welt nicht besonders gut für unsere Jungs vom Neckar aus. Inzwischen freilich gelangen ihnen drei Heimerfolge in Serie (92:87 gegen Bonn, 88:86 gegen Rostock und nun das 90:86 gegen die Merlins) – nach zuvor elf Niederlagen vor heimischem Publikum! Und jetzt? Ende März sind die Hoffnungen, dass die MLP Academics in naher Zukunft erstklassig bleiben, berechtigt und relativ groß. Im Vorfeld des baden-württembergischen Abstiegsgipfeltreffens hatte Kapitän Akeem Vargas teamintern ein „Endspiel“ ausgerufen. „In Big Plays brauchst du Big Players“, sagte Routinier Vargas und setzte damit einen positiven Reiz, „heute hatten wir ganz viele Big Players, denn uns war klar, dass der Verlierer des Spiels für die ProA planen muss.“
Vor 4.410 Zuschauern im zum vierten Mal in dieser Saison ausverkauften „Dome“ (Bamberg, Göttingen, Vechta und Crailsheim) marschierte der 33-jährige „Captain Akeem“ selbst voran. Vargas machte eines seiner besten Spiele im Academics-Trikot, war immer dann zur Stelle, wenn es gerade in kritischen Phasen darauf ankam. „Jetzt sind wir auf einem sehr, sehr guten Weg“, so der erfahrene Guard im Interview. Cheftrainer Ingo Freyer gab ihm eine Spezialaufgabe in der Defensive und diese habe „sich auf seine Offensivleistung niedergeschlagen“. Freyer über seine kürzere Rotation: „Elias konnte die gesamte Woche nicht trainieren. Das haben wir mit Niki und Akeem gut aufgefangen.“
Von der Tabellensituation, Spannung und Brisanz her ging am Abend vor Ostern ohnehin nicht mehr. Sehr schnell wurde die Bedeutung auf dem Parkett erkennbar. Gerade die Anfangsphase und später auch das Schlussviertel glichen einem beiderseitigen Fehlerfestival. Prima, dass die MLP Academics bis auf zwei Ausnahmen – 0:2 (2.) und 28:29 (12.) – ständig in Front lagen. Die Vorstellung in der ersten Halbzeit passte bis auf die letzten beiden Minuten im ersten Viertel nahezu hundertprozentig. Die Universitätsstädter operierten absolut konzentriert, leisteten sich lediglich einen einzigen Turnover bis zum 55:44-Halbzeitstand und brannten im zweiten Teilabschnitt ein regelrechtes Offensivfeuerwerk ab.
Und dann? Ups and Downs der Rivalen prägten das Geschehen. Es ging unerbittlich hin und her. Längst hatten auch die Fans im SNP dome ihre Achterbahnfahrt der Gefühle. Das Bangen und Zittern über den Ausgang des Duells sollte an Vehemenz und Wucht zunehmen. Selbst ein 77:62 und kurz danach das 77:64 (3. Viertel) für Heidelberg bedeuteten alles andere als ein Ruhekissen.
Nach und nach entwickelte sich das Aufeinandertreffen vielmehr zur Nervenschlacht. Zur Maloche unter den Brettern. Zum Abstiegskampf pur! Die „Zauberer“ aus Hohenlohe kamen dank Keandre Cook (27 Punkte), Elias Baggette (15), Fabian Bleck (15) und Maurice Stuckey (12) mehrfach bedrohlich heran. Aber es zeichnete die MLP Academics gleichzeitig aus, dass sie meist die richtige Antwort fanden. Deshalb sei es den Hausherren nachgesehen, dass der sechste Saisonsieg erst 3,8 Sekunden vor der Schlusssirene durch den verwandelten Freiwurf von Jeffrey Carroll zum 90:86 feststand, da sie sich das Leben selbst schwer gemacht hatten.
Insgesamt war’s trotz allem eine kompakte Mannschaftsleistung. Jeder eingesetzte Akteur der Heidelberger trug seinen Teil zum Triumph bei. Hervorzuheben sind Center Elijah Childs (19 Punkte, 8 Rebounds) und Akeem Vargas (17 Punkte, 4 Dreier) und der fast durchspielende Justin Jaworski (18 Punkte, 9 Assists). Insbesondere auch Isaiah Whaley, Jeffrey Carroll und Niklas Würzner übernahmen eine Menge Verantwortung.
Nach dem 93:86 in der „Stierkampfarena“ der Merlins und dem gestrigen 90:86 im „Dome“ haben sich die MLP Academics nicht nur den direkten Vergleich gegenüber Crailsheim gesichert, sondern weiteres Selbstvertrauen für den knallharten BBL-Abstiegskampf getankt. Beruhigend: Die Freyer-Schützlinge haben es selbst in der Hand, die nötigen Schritte für den Verbleib im deutschen Basketball-Oberhaus folgen zu lassen. In den nächsten beiden Auswärtspartien bei den Veolia Towers Hamburg (8. April) und den MHP RIESEN Ludwigsburg (13. April) ist womöglich sogar ein Überraschungscoup drin, ehe mit dem „Bonusmatch“ am 21. April in der SAP Arena Mannheim gegen die „Überflieger“ des FC Bayern Basketball das nächste saisonale Highlight bevorsteht.
Im Moment zählen allein die wertvollen Pluspunkte gegen den Rivalen aus Baden-Württemberg, der weit davon entfernt sein dürfte, den Kopf in den Sand zu stecken. Die Brisanz am Tabellenende bleibt acht Spieltage vor dem Ende der regulären Saison erhalten. Wenngleich an Ostern am Academics-Horizont die Sonne strahlt, denn mit den Tigers Tübingen verlor ein anderer Nachbar mit 81:96 bei den Würzburg Baskets.
Es soll Wochenenden im Teamsport geben, da passt ergebnistechnisch und dramaturgisch so gut wie alles. Ein Ausrufezeichen halt – und viel mehr als ein „Vier-Punkte-Spiel“.
Stimmen zum Spiel:
„Es ist unglaublich schön, dass wir jetzt das dritte Heimspiel gewonnen haben. Heute haben viele Verantwortung übernommen. Wir haben das mit dieser Kulisse und den Fans zusammen erreicht. Daraus wollen wir Mut schöpfen und weiter da anknüpfen, was wir zu Hause gemacht haben. In der Situation, in der wir sind, ist jeder Sieg wichtig. Jetzt kommt Hamburg, ein Auswärtsspiel ohne unsere Kulisse zu Hause. Aber auch da sind wir vollen Mutes.“ – Ingo Freyer, Headcoach der MLP Academics Heidelberg.
„Eine schmerzhafte Niederlage. Ich muss sagen, dass unsere Jungs alles gegeben haben und ihren Körper für das Team geopfert haben. Wir haben ein paar dumme Fehler gemacht in der Verteidigung und beim Rebound. Am Ende haben wir deswegen das Spiel nicht verloren. Als Keandre den Ball klaut, sind es vier Punkte Differenz und dann spielt er diesen viel zu weiten Pass. Ich weiß nicht, ob wir in dieser Situation gescort hätten, aber das war ein entscheidender Ballverlust. Danach scort Heidelberg und sie sind auf sechs Punkte weg. Ich bin immer noch stolz auf unsere Spieler, sie haben alles gegeben, mehr kann man nicht erwarten. Unsere Fans sind unfassbar, es waren wieder viele hundert Fans, die uns unterstützt haben. Unsere Saison ist weit davon entfernt, vorbei zu sein.“ – Jussi Laakso, Headcoach der HAKRO Merlins Crailsheim.
„Ich möchte mich bei den Fans heute bedanken. Der Dome war ausverkauft, sie haben uns unfassbar viel Energie gegeben. Ich hatte das Gefühl, dass jeder heute voll dabei war. Es war eine schwierige Saison bisher, aber sie kommen immer wieder und unterstützen uns. Wir sind noch nicht fertig, wir sind noch nicht zufrieden. Wir haben heute gewonnen, haben etwas mehr Sicherheit, müssen die restlichen Spiele aber weiterhin mit demselben Mindset angehen. Heute haben wir hart gespielt, sind als Team zusammengeblieben. Jeder im Team hat heute etwas gegeben, was wir gebraucht haben.“ – Elijah Childs, Center der MLP Academics.
Joachim „Jogi“ Klaehn
MLP Academics Heidelberg
Kommunikation und Medien