Die reguläre Saison ist beendet und die Playoffs stehen vor der Tür. Bis dahin sind noch einige Tage Pause, was uns die Gelegenheit gibt, einen Rückblick auf eine ereignisreiche, ganz besondere Spielzeit zu werfen, in der es sicherlich mehr Höhen als Tiefen aber doch einige Unwägbarkeiten gab. Am Ende steht der eindrucksvolle zweite Tabellenplatz bei 75% gewonnener Spiele zu Buche. Wir würden euch nun gerne auf eine kurze Reise durch die Saison mitnehmen, in welcher wir das ein oder andere Highlight aufleben lassen aber auch die Rückschläge ein wenig einordnen möchten.
Es war der 13.10.2020, als die schlechte Nachricht aus dem Büro der Kirchheim Knights, gegen die man wenige Tage zuvor ein Testspiel bestritten hatte, kam:
„Hallo Matthias, wir haben zwei positive Testergebnisse von zweien unserer Spieler erhalten“
Nach etlichen Telefonaten mit dem Gesundheitsamt war dann auch klar: alle Spieler der MLP Academics müssen sich wegen dieser beiden positiv getesteten Spieler als „Kontaktperson 1“ in Quarantäne begeben. Das Eröffnungsspiel der Barmer 2. Bundesliga musste somit abgesagt und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Zwar ergaben mehrere PCR Tests, dass sich keiner der Spieler infiziert hatte. Die Sicherheit aller Beteiligten, insbesondere in Pandemiezeiten, steht jedoch über allem.
Am 15.10., die Nachricht des Gesundheitsamtes war gerade eingetroffen, postete Geschäftsführer Matthias Lautenschläger dann ein Foto der Mannschaft auf Facebook mit der Frage: „Was hält die Saison202/2021 für uns noch bereit?“ wohl wissend, dass dies keine Saison wie jede andere werden würde. Eines hingegen zeichnete sich schon ab: um in solchen Zeiten bestehen zu können, braucht es Mut, Entschlossenheit aber auch und vor allem verlässliche Partner, die einen unterstützen.
Um diese Quarantäne schadlos zu überstehen musste also eine Lösung her, um den Fitnesszustand der Spieler irgendwie zu erhalten. Mit einem geliehenen Sprinter besorgte man also noch am gleichen Tag im Racket Center Nußloch Spinning Bikes und bei der Firma Suprfit weiteres Fitness Equipment. Ein Zoom-Account wurde eingerichtet und fortan war Athletik-Coach Serena Benavente ständiger virtueller Gast in den zu Fitnessräumen umfunktionierten Wohnzimmern der Spieler.
Ihrem Einsatz und der Disziplin der Spieler war es entsprechend auch zu verdanken, dass die Mannschaft das erste Saisonspiel gegen hochgehandelte Falcons aus Nürnberg deutlich mit 99:77 gewinnen konnte. Von mangelnder Fitness keine Spur. Den Zuschauern am Stream bot sich das erste Mal in der Saison der Anblick eines athletischen und ungewohnt temporeich spielenden Heidelberger Teams, welches jeden Turnover des Gegners mit blitzschnellen Fastbreaks bestrafte. Topscorer waren die beiden Neuzugänge Jordan Geist und Sa’eed Nelson. Frenki würde nachher sinngemäß sagen: „Wenn wir 99 Punkte erzielen und Shy nur acht davon machen muss, dann kann es eine gute Saison werden“
Voller Selbstbewusstsein ging es also zum Auswärtsspiel nach Leverkusen. Was man damals noch nicht wusste aber wohl nach dem Spiel erahnen konnte: die Giants würden eine absolute Heimmacht werden und in der ganzen Saison nur ein einziges Heimspiel verlieren. Leider nicht gegen die überfordert wirkenden Heidelberger. Retrospektiv kann jedoch konstatiert werden, dass dies der wichtige Schuss vor den Bug zur richtigen Zeit war. So konnten die folgenden vier Partien alle recht souverän gewonnen und ein Platz im oberen Drittel der Tabelle gefestigt werden.
Der Weg führte die Academics anschließend an die Ostsee zu den Favoriten auf die Meisterschaft aus Rostock. Die von dem ehemaligen Bundestrainer Dirk Bauermann trainierten Seawolves, später auch verdienter Hauptrundenmeister, hatten vor der Saison einige spektakuläre Transfers eingetütet und so ihre Ambitionen eindrucksvoll untermauert. Zunächst wurden sie auch in dieser Partie ihrer Favoritenrolle gerecht und setzten sich ein wenig ab. Doch die Academics kämpften sich in das Spiel zurück. Angetrieben von einem wie entfesselt aufspielenden Jordan Geist und einer defensiven Ausnahmeleistung von Niklas Würzner gegen Behnam Yakhchali, sahen die Academics 3:45 Minuten vor Ende bei einer acht Punkte Führung wie der sichere Sieger aus.
Was nun folgte, war die wohl denkwürdigste Aneinanderkettung individueller Fehler der Saison. Drei unsportliche Fouls und drei Turnover machten es dem Gegner am Ende viel zu leicht, mit 91:88 die Oberhand zu behalten. Wenn man etwas positives aus dieser Niederlage ziehen konnte, so war es die Erkenntnis, dass man in der Lage war, ganz oben mitzumischen und ein Wort um die Meisterschaft mitreden zu können.
Nach einer Niederlage wie dieser hilft in der Regel nur eins: die richtigen Lehren daraus ziehen und es im nächsten Spiel, das am besten so schnell wie möglich folgt, besser machen. Eine weitere Quarantäne, dieses Mal hatte es tatsächlich einige Spieler der Academics erwischt, stand diesem Vorhaben jedoch im Wege. Quälende 35 Tage lang musste man nun die Liga aus der „Ferne“ betrachten und konnte nicht mehr eingreifen. Nicht wenige erwarteten, dass man aus dieser langen Pause kommend, kaum konkurrenzfähig sein würde. Der Rhythmus war schließlich gänzlich weg und einiger der erkrankten Spieler noch lange nicht bei vollem Leistungsvermögen.
So fuhr man mit gemischten Gefühlen nach Trier zu den Gladiators. Da war auf der einen Seite die Freude, endlich wieder am Spielbetrieb teilnehmen zu können. Auf der anderen Seite spürte man eine gewisse Ungewissheit, wie man gegen einen Gegner würde bestehen können, der seinerseits um den Einzug in die Playoffs kämpft. Beim zwischenzeitlichen Spielstand von 43:24 für die Gastgeber schien klar, dass die Pause zu lang gewesen war und der Weg zurück auf das gewohnte Level steinig und schwer werden würde. Doch dann kam, was wohl als wegweisendes Comeback für die Saison bezeichnet werden kann: eine beispiellose Aufholjagd, die die Academics noch vor Ablauf der ersten Halbzeit bis auf zwei Punkte an die Trierer heranbrachte und in einem unerwarteten Auswärtssieg mündeten.
Dieser Sieg war der Beginn einer Serie von vier Siegen, in der abgesehen von der Galavorstellung im Rückspiel gegen die Giants aus Leverkusen, jeder Sieg eher hart erarbeitet als sehenswert erspielt wirkte. Rückblickend war es aber eben genau diese Art Spiele zu gewinnen, die auch den Geist der Mannschaft formen sollte. Es wird dir nichts geschenkt in dieser Liga, also musst du es dir im Zweifel mit Schweiß und harter Arbeit erkämpfen. Getreu dem Motto, welches im Olympiastützpunkt in der Cantina an der Wand hängt: „Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt“
Mit vier Siegen in Serie meldete man sich als eindrucksvoll aus der Quarantäne zurück. Wenn die Konkurrenz gehofft hatte, dass die Academics Federn lassen würde, sah sie sich also getäuscht. Unverwundbar waren die Heidelberger dennoch nicht, was sich in den nun folgenden Partien zeigen würde. Einer unglücklichen Niederlage mit 91:90 bei den Kirchheim Knights folgte eine schmerzhafte Niederlage bei den wiha Panthers Schwenningen, in welcher man relativ chancenlos war. Die defensive Härte der Gastgeber setzte Heidelberg mächtig zu und man fand kein Mittel gegen spielstarke Schwarzwälder.
Getreu den Zeilen dieses Liedes, welches DJ T-Easy in der Vergangenheit gerne mal einspielte, folgte die längste Siegesserie der Saison. Dem punktereichsten Erfolg (115:100) gegen die Tigers aus Tübingen folgte ein knapper Sieg und somit die Revanche für die Hinspielniederlage gegen die Rostock Seawolves. Weitere Siege gegen Hagen, Trier, Ehingen und Karlsruhe sorgten für frühe Gewissheit, dass man sich vorzeitig für die Playoffs qualifiziert hatte.
Saisonübergreifend hatten die Academics zu diesem Zeitpunkt eine beeindruckende Serie von 10 Heimsiegen in Folge hingelegt. Es war den stark aufspielenden Artland Dragons vorbehalten, dieser Serie ein Ende zu setzen. Mit 81:89 ging das Spiel verloren. Der aufmerksame Leser wird sich daran erinnern, was das Wichtige nach einer Niederlage ist: dass man die richtigen Lehren daraus zieht und möglichst schnell die Möglichkeit bekommt, es besser zu machen. Dieses Mal war dies möglich, denn nur vier Tage später ging es gegen den gleichen Gegner, wenn auch auswärts. Mit einer rekordverdächtigen Dreierquote von 74% ballerten die Academics den Gastgeber aus deren eigener Halle und setzten ein erneutes Ausrufezeichen im Kampf um die vorderen Plätze.
Im Verlauf der Saison kristallisierte sich heraus, dass ein Umzug schon in der Rückrunde möglich werden könnte. Steigende Kosten, ohne Mehreinnahmen generieren zu können, sowie eine beeindruckende Heimbilanz im OSP sprachen zunächst gegen den Wechsel der Spielstätte. Den Ausschlag für den Umzug gaben im Wesentlichen zwei Gründe: erstens hat man sich nicht elf Jahre lang für den Bau einer solchen modernen Arena stark gemacht, um dann bei Fertigstellung nicht einzuziehen. Außerdem hatten es Spieler und Trainer mit ihrer starken Leistung die Saison über verdient, den SNP DOME einzuweihen und sich somit in die Geschichtsbücher des Domes einzutragen.
So kam es dann am 20.03. gegen die UniBaskets Paderborn zum letzten Spiel im altehrwürdigen Olympiastützpunkt, mit dem wohl etliche Heidelberger viele schöne Erinnerungen verbinden. Mit einer von Anfang bis Ende überzeugenden Vorstellung verabschiedeten sich die Academics unter den Augen der USC-Legenden Didi Keller, Wolfgang Lachenauer und Wolfgang Fengler nach 49 Jahren vom Schmuckkästchen im Neuenheimer Feld. Trotz aller Distanz war die Emotionalität der Spieler sowie der „Legenden“ förmlich greifbar. Bye bye, OSP!
Jedem Ende wohnt ein Anfang inne und so stand nur 5 Tage später der Umzug in die neue 5.000 Zuschauer fassende Heimspielstätte an. Vielleicht wäre es besser gewesen, einen „leichteren, sofern es das gibt, Gegner für die Eröffnung auszuwählen. Denn mit den Eisbären Bremerhaven kam eine Mannschaft mit 6 Siegen in Folge zum Gastspiel in den SNP DOME. Es entwickelte sich ein Spiel auf Augenhöhe, in welchem sich die Gastgeber vom Neckar im zweiten Viertel Stück für Stück absetzen konnten. Bis wenige Minuten vor Ende der Partie wirkte es, als habe man die diesjährige Heimstärke einfach auf den Dome übertragen.
Das gefährliche Gefühl, dass man deutlicher hätte führen können machte sich breit und es bewahrheitete sich mal wieder eine Phrase: „It ain’t over, till the fat lady sings“. Frei übersetzt: das Spiel ist erst vorbei, wenn es vorbei ist. Und so kam es denn auch, dass nie aufsteckende Gäste aus dem Norden sich Stück für Stück rankämpften und am Ende den Sieg mit 85:81 mit nach Hause nahmen.
Somit hatten die Rhein Neckar Löwen in der Woche drauf die Möglichkeit ihrerseits den ersten Sieg im Spiel gegen RK Nexe im SNP DOME zu feiern. Dieser oder ein Unentschieden wäre gleichbedeutend mit einem Weiterkommen im Eurocup im Handball. Die Löwen zeigten jedoch ihre Verbundenheit mit den Academics und spielten ein souveränes, nie gefährdetes Unentschieden runter und zogen somit in die Runde der letzten Acht ein.
Es ergab sich also die nächste Chance, endlich den ersten Sieg in der neuen Heimat zu feiern. In einer denkwürdigen Partie, in der ein 24 Punkte Rückstand (dem größten in der ganzen Saison) aufgeholt werden konnte, sollte das gegen das Team Ehingen Urspring am Ende auch deutlich mit 97:82 gelingen. Topscorer der Partie wurde bezeichnenderweise der Sohn des Oberbürgermeisters der Stadt Heidelberg und Eigengewächs Niklas Würzner mit 15 Punkten und 5 Assists.
Zum Abschluss der erfolgreichsten Zweitligasaison seit 38 Jahren gelang denn auch in beeindruckender Art und Weise und einem Kantersieg die Revanche gegen die Eisbären Bremerhaven. Mit 93:66 fuhren Frenki’s Mannen einen nie gefährdeten Sieg an der Nordsee ein und gehen somit als Tabellenzweiter und Mitfavorit in die nun anstehenden Playoffs.