Trotz einer beherzten kämpferischen Leistung verlieren die MLP Academics Heidelberg mit 70:92 (33:47) gegen einen souverän auftretenden FC Bayern München. Nachdem die Mannschaft von Frenki Ignjatovic die ersten 15 Minuten noch knapp gestalten kann, ziehen die Favoriten aus München im Lauf der Partie immer weiter davon, können ihre spielerischen Vorteile und ihre tiefere Rotation ausnutzen und lassen den Gastgebern schlussendlich keine Chance.
Ausgangssituation: Die Bedeutung und Attraktivität dieses Spiels hätten für die beiden Mannschaften unterschiedlicher nicht sein können. Auf der einen Seite die Academics, für die ein absolutes Saisonhighlight ansteht: Duell gegen den amtierenden Pokalsieger, deutschen Vizemeister und Euroleague-Playoff Teilnehmer – die große Chance, in eigener Halle einen Favoriten zu ärgern und die aktuelle Siegesserie zu verlängern. Auf der anderen Seite der FC Bayern München Basketball, für den Heidelberg einen kurzen Zwischenstopp in der Bundesliga darstellt. 48 Stunden nach dem Euroleague-Sieg gegen Baskonia und mit dem nächsten Euroleague-Auswärtsspiel in Lyon am kommenden Dienstag vor der Brust treten die Münchener in Heidelberg an. Besonders eindrücklich ist der Vergleich der bereits absolvierten Pflichtspiele in dieser Saison: Heidelberg hat derer erst 16 gesammelt, während die Bayern mit 38 absolvierten Partien schon mehr als eine ganze BBL-Hauptrunde in den Knochen haben. Wenn es für die Academics heute zu einem Sieg gegen den Favoriten reichen sollte, dann nur durch eine absolute Energieleistung gegen eventuell müde und nicht voll motivierte Bayern.
1. Viertel (17:18): Von Beginn an zeigen die Gäste keine Spur der erhofften Überspieltheit und lassen die Academics vor allem durch ihre harte Defensive überhaupt nicht ins Spiel finden. Als seine Mannschaft nach gut drei gespielten Minuten noch keinen einzigen Punkt erzielt hat, ruft Frenki Ignjatovic beim Stand von 0:12 zur ersten Auszeit der Partie. Shyron Ely ist es schließlich, der den Bann bricht und in der vierten Minute zum 2:12 einnetzt. Von da an sind die Academics endlich richtig in der Partie, finden offensiv ihren Rhythmus und legen einen 9:2-Run zum 9:14 (6. Minute) aufs Parkett. In der intensiv geführten Partie ist inzwischen kein Niveauunterschied mehr zu erkennen. Durch einen Dreier von Max Ugrai können die Heidelberger zur Viertelpause sogar auf 17:18 verkürzen und die Bayern-Dominanz zu Viertelbeginn vergessen machen.
Academic des Viertels: Max Ugrai. Erzielt mit seinem And- One zum 8:14 und dem wichtigen Dreier zum Viertelende nicht nur insgesamt sechs Punkte und ist damit Heidelberger Topscorer, sondern liefert mit diesen Würfen auch die emotionalen Highlights der ersten zehn Minuten.
2. Viertel (16:29): Nachdem Kelvin Martin direkt nach Viertelstart von der Freiwurflinie zum 18:18 ausgleichen kann, versäumen es die Jungs von Frenki Ignjatovic, sich für ihren couragierten Auftritt mit der verdienten Führung zu belohnen. Der FC Bayern Basketball kontert zum 18:23 (12. Minute) und von da an laufen die Gastgeber durchweg einem knappen Rückstand hinterher. Immer wieder können die Kurpfälzer gut gezielte Nadelstiche setzen, doch schaffen es einfach nicht, die Führung an sich zu reißen. Trotzdem ist Bayern-Coach Trinchieri nicht angetan von der Leistung seines Teams und fordert in der 14. Minute beim Stand von 25:27 seine erste Auszeit. Im Stile der Spitzenmannschaft, die sie sind, finden die Münchener mit einem 7:0-Lauf zum 25:34 (16. Minute) und galliger Defense die richtige Antwort. Zwar können die Heidelberger das Münchener Defensivbollwerk immer wieder mit gelungenen Einzelaktionen überwinden, doch die körperlich überlegenen Münchener bleiben bis zur Halbzeitpause die stärkere Mannschaft, so dass es mit einem deutlichen Zwischenstand von 33:46 in die Kabinen geht.
Academic des Viertels: Osasumwen Osaghae. Kurz vor Viertelende kommt der Heidelberger Center nach mehr als zwei Monaten Verletzungspause endlich wieder in einem Bundesligaspiel zum Einsatz. In seiner einminütigen Zeit auf dem Parkett kann der 2,06-Hüne auch direkt einen Offensivrebound abgreifen, doch viel wichtiger ist die Tatsache, dass er überhaupt wieder fit ist. Willkommen zurück, Osasu!
3. Viertel (24:21): Mit außerordentlichem Wurfpech starten die Academics in die zweite Halbzeit, ein Wurf nach dem anderen springt wieder aus dem Ring und der Korb wirkt wie vernagelt. Nach nur fünf Punkten in den ersten dreieinhalb Minuten des Viertels fordert Ignjatovic beim Stand von 38:53 die nächste Auszeit. Mit deutlich verbessertem Zusammenspiel kommt sein Team aus dieser Unterbrechung, aber während die Punkteproduktion der Academics wieder an Fahrt aufnimmt, sind es vor allem Nachlässigkeiten beim Defensivrebound, die die Hausherren daran hindern, jetzt einen entscheidenden Run zu starten. So pendelt sich der Münchener Vorsprung im Verlauf des Viertels um die 15-Punkte-Marke herum ein. Erst zum Viertelende und nicht zuletzt dank der lautstarken Unterstützung des Heimpublikums können die tapfer kämpfenden Kurpfälzer ihren Rückstand etwas verkürzen und gehen mit einen Zwischenstand von 57:68 in die letzte Viertelpause.
Academic des Viertels: Robert Lowery. Ist im dritten Viertel der nimmermüde Offensivmotor seiner Mannschaft. Steht beinahe die kompletten zehn Minuten über auf dem Parkett, scort mit 9 Punkten immer wieder selbst und trägt auch mit seinem Passspiel und den daraus resultierenden zwei Assists zum offensiven Erfolg seiner Mannschaft bei.
4. Viertel (13:24): Wieder dauert es gefühlte Ewigkeiten, bis die nun inzwischen sichtlich müden Academics ihre ersten Punkte nach der Viertelpause erzielen. Nach dreieinhalb Minuten erlöst Kelvin Martin seine Mannschaft mit zwei erfolgreichen Freiwürfen, zum 59:74-Zwischenstand. Doch auch weiterhin beißen sich die Heidelberger an dem vom FCB defensiv zusammengerührten Zement die Zähne aus. Fünf Minuten vor Ende sind die Gäste auf 59:80 enteilt und Frenki Ignjatovic versucht mit einer Auszeit noch einmal die letzten Kräfte seiner Mannschaft zu mobilisieren. Der erwünschte Effekt bleibt allerdings aus, der FC Bayern spielt die Partie souverän zu Ende, die Academics verfallen mehr und mehr in Einzelaktionen und können nur ganz zu Spielende mit einem kleinen Run etwas Ergebniskorrektur betreiben. So endet die Partie, in der sich zum Schluss trotz allen Heidelberger Kampfgeists der Klassenunterschied doch stark zeigte, mit 70:92.
Academic des Viertels: Kelvin Martin. Stemmt sich bis zum Ende entschieden gegen die Niederlage, auch als der Kampf schon aussichtslos ist. Liefert vier Punkte und vor allem einen ansehnlichen Statement-Dunk (38. Minute), der allerdings auch nicht ausreicht um die Partie noch zu kippen.
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Andrea Trinchieri, FC Bayern München: „Glückwunsch an Heidelberg und an den Coach. Ich habe großen Respekt für diese Mannschaft, die sehr hart gespielt hat. Heidelberg spielt einen sehr toughen und smarten Basketball. Wir haben heute eine gute Leistung zusammengebracht, um dieses Spiel zu gewinnen. Sehr gute Defense-Arbeit und jeder hat im Team mitgeholfen. Nach diesen letzten Tagen brauchst du aber auch jeden im Team. In der Offensive waren wir teilweise ziemlich schlampig, aber du kannst manchmal nicht alles kontrollieren.“
Update zu Paul Zipser: „Wir warten alle auf den Tag, an dem er zurück auf den Court kommt. Das wäre der Höhepunkt meiner Karriere. Ich will keinen Druck aufbauen, er wird jeden Tag besser. Ich bin glücklich, ihn um das Team herum zu sehen.“
Branislav ‚Frenki‘ Ignjatovic, MLP Academics Heidelberg: “Erstmal danke an Andrea. Das erste Viertel haben wir sehr schlecht gespielt, ein 12:0 Lauf für Bayern München, ohne Fouls und ohne Energie. Das zweite Viertel dürfen wir gegen Bayern nicht mit zwei Teamfouls antreten. Das ist etwas, was die Spieler noch lernen mussten. Vielleicht habe ich nach der Halbzeit zu viel verlangt, denn die Antwort waren 20 Fouls. Aber diese Balance ist bitter nötig. Das erste Spiel gegen München haben wir sehr gut gespielt, jetzt in diesem Spiel waren sie gewarnt. Mit der Defensive war ich nicht zufrieden, mit dem Playmaking war ich nicht zufrieden, aber vielleicht ist das ein Reality Check. Vielleicht war das Timing schlecht, vielleicht wäre das Spiel vor zwei Wochen besser gewesen, als Bayern gegen Chemnitz verloren hat (lacht).”
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Statistik des Spiels: MLP Academics Heidelberg: 10 Ballverluste – FC Bayern München: 4 Ballverluste. Auch wenn die Gastgeber mit nur 10 Turnovern schon überdurchschnittlich gut auf den Ball aufpassten, sind die vier Ballverluste, die sich die Truppe von Andrea Trinchieri leistete ein absolut überragender Wert, der Zeugnis über die enorme Konzentration ablegt, mit der die Bayern trotz ihrer hohen Spielbelastung heute zu Werke gingen.
Spieler des Spiels: Maximilian Ugrai. Überzeugte gegen den Favoriten aus Bayern in jeder Hinsicht. Vor allem in der ersten Halbzeit trug der Forward die Academics, erzielte 11 seiner insgesamt 13 Punkte bei 80% Wurfquote aus dem Feld. Auch unter den Körben hielt er gegen die Münchener Big Men dagegen, sammelte über den Verlauf des Spiels acht Rebounds, dabei vier hart erarbeitete Offensivrebounds ein. Ging das gesamte Spiel über als Vorbild in Sachen Einstellung und als Emotional Leader für die Academics voran.
Moment des Spiels: Zu Beginn des zweiten Viertels, in der elften Minute hatte Kelvin Martin die Chance, seiner Mannschaft mit zwei erfolgreichen Freiwürfen die erste Führung der Partie zu bescheren. Diese vergab er, traf nur einen der beiden Freiwürfe und glich das Spiel so zwar zum 18:18 aus, in Führung gingen seine Academics allerdings nicht – und das sollte sich bis zum Spielende auch nicht ändern. Nach Martins Freiwürfen schwang das Momentum-Pendel in Richtung der Bayern aus, die von da an nicht mehr nach hinten blickten und für das gesamte restliche Spiel in Führung blieben.
Für Heidelberg scorten: Lowery (15), Ugrai (13), Ely (11), Chapman, Martin, Geist (alle 8), Friederici (5), Heyden (2).
Titelbild: ladler_photography