Mit dem Auswärtsspiel in Würzburg steht für die MLP Academics Heidelberg am kommenden Samstag das nächste Duell gegen einen Tabellennachbarn und direkten Kandidaten im Abstiegskampf an. Nach zwei wichtigen Siegen gegen den MBC und Braunschweig haben die Heidelberger alle Weichen gestellt, um gegen s.Oliver Würzburg den nächsten großen Schritt in Richtung Klassenerhalt zu machen. Mit einem Sieg könnten eventuell Bamberg und Braunschweig in der Tabelle eingeholt werden. Ähnlich wichtig ist die Partie allerdings auch für die Gastgeber, die in den letzten Spielen ebenfalls Big Points im Kampf um den Klassenerhalt sammeln konnten und angesichts des 76:71-Siegs der Academics im Hinspiel sicherlich auch den direkten Vergleich im Blick haben werden.
Nach einem soliden Saisonstart, der den Würzburgern drei Siege aus den ersten sechs Liga-Partien bescherte, darunter einen spektakulären 90:70-Heimerfolg gegen Euroleague-Teilnehmer FC Bayern München, folgte für die Domstädter nicht zuletzt dank Verletzungen der Schlüsselspieler Nicolas Carvacho und Luciano Parodi eine Negativspirale mit 12 Niederlagen in Folge, die die Mannschaft tief in den Tabellenkeller riss. Um diesen Negativtrend zu durchbrechen, lief das Personalkarussell in Unterfranken auf Hochtouren: mit vier Nachverpflichtungen haben s.Oliver Würzburg schon ihr gesamtes Kontingent aufgebraucht. Tomasz Gielo und Kerron Johnson, zwei der nachverpflichteten Spieler, tragen mittlerweile nicht mehr das Würzburger Dress. Darüber hinaus beendeten die Würzburger Mitte Dezember die Zusammenarbeit mit Headcoach Denis Wucherer, der von Saša Filipovski ersetzt wurde. Während es im Tabellenkeller immer ungemütlicher wurde, musste Filipovski mehr als einen Monat auf seinen ersten Sieg als Trainer warten, bis seine Mannschaft am sechsten Februar ausgerechnet im fränkischen Derby gegen Brose Bamberg den Befreiungsschlag landen konnte. Seitdem geht es steil aufwärts für den Heimatverein von Academics-Forward Max Ugrai: vier ihrer letzten sieben Spiele konnten die Würzburger für sich entscheiden, darunter auch Partien gegen Hochkaräter wie die Telekom Baskets Bonn oder die HAKRO Merlins Crailsheim. Damit haben es die Franken geschafft, in Windeseile zwei Siege Abstand zwischen sich und die Abstiegsplätze zu bringen und werden sich in ihrer aktuellen Form sicherlich auch als ein unangenehmer Gegner für die Academics erweisen.
Obwohl er nur 11 der 24 Würzburger Ligaspiele als Starter bestritten hat und mit 21:51 Minuten pro Partie vergleichsweise kurz auf dem Parkett steht, ist Desi Rodriguez eine der wichtigsten Stützen der s.Oliver Baskets Würzburg. Mit 14,8 Punkten pro Spiel ist Rodriguez der Topscorer seiner Mannschaft und auch seine 5,4 Rebounds pro Partie sind Baskets-Spitzenwert, wenn man Nicolas Carvacho außen vor lässt, der unglücklicherweise bisher nur eine Liga-Partie für Würzburg absolvieren konnte. Bemerkenswert dabei ist Rodriguez‘ Spielweise: mit seinen 1,98 Metern Körpergröße hat der US-Amerikaner eigentlich das Gardemaß für einen Small Forward, doch wenig an seinem Spiel erinnert an einen klassischen Flügelspieler. Stattdessen ist Rodriguez beinahe ausschließlich im Gewühl unter den Körben zu finden, da er auch gegen deutlich größere Gegenspieler mit seiner herausragenden Kraft und Athletik bestehen kann. Von seiner explosiven Durchsetzungskraft unter dem Korb zeugt auch die überragende Wurfquote von 69,4 Prozent, die der Würzburger aus dem Zweierbereich auflegt. Eine eindrucksvolle Demonstration seiner Fähigkeiten als Scorer unter dem Korb lieferte Rodriguez gegen ratiopharm Ulm, als er einen Liga-Bestwert für die laufende Saison aufstellte. Mit 41 Punkten legte er eine gnadenlose Effizienz an den Tag. Selbst an diesem Sahne- Tag versuchte der Ex-Ludwigsburger allerdings keinen einzigen Dreier und auch über die ganze Saison hinweg trifft er bei 0,7 Versuchen pro Spiel nur 11,8 Prozent seiner Distanzwürfe. So kann sich die Riege der Academics Big Men um Brekkott Chapman am Samstag auf ein heißes Duell unter den Körben gegen einen der athletischsten Spieler der Liga einstellen – aus der Distanz sollte der Würzburger Forward allerdings kaum gefährlich werden.
Auch wenn mit Desi Rodriguez ein absoluter Schlüsselspieler auf Würzburger Seite den Dreier so gut wie gar nicht in seinem Repertoire hat, sind die Würzburger eine durchaus respektable Mannschaft von der Dreierlinie: mit 37,1 Prozent nennen die Unterfranken die fünftbeste Dreierquote der Liga ihr Eigen. Umso auffälliger ist, dass die Baskets im Ligavergleich trotzdem mit 20,4 Versuchen pro Spiel mit Abstand die wenigsten Distanzwürfe nehmen. Vor allem nach dem Abgang von Power Forward Tomasz Gielo hat die Mannschaft von Saša Filipovski keinen ‚puren‘ Shooter mehr im Kader, was sich in der Wurfauswahl bemerkbar macht. So muss es für die Academics darum gehen, die Zone dicht zu machen. Nur dank Desi Rodriguez spielt sich hier ein großer Teil der Würzburger Offensive ab – ohne dabei den Würzburger Schützen zu viel Raum zu lassen, die durchaus in der Lage sind, fehlende Aufmerksamkeit zu bestrafen. Wie schon gegen die Basketball Löwen Braunschweig sind die gegnerischen Ballverluste ein weiterer Angriffspunkt für die Academics-Defensive. Können die Heidelberger konsequenten Druck auf den Ball ausüben, zwingen sie Würzburg mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Ballverlusten.
Während sich die Würzburger offensiv im unteren Mittelfeld der Liga bewegen (zwölftmeiste Punkte pro Spiel, dreizehntbestes Offensivrating), ist die Defensive über den bisherigen Saisonverlauf ihre eindeutige Schwachstelle. Nur der MBC hat ein schlechteres Defensivrating, ganze 119,8 Punkte lassen die Franken auf 100 gegnerische Angriffe zu. Im Vergleich: bei den Academics, einer mittelmäßigen Defensivmannschaft, sind es immerhin nur 112,7. Besonders von der Dreierlinie lassen die Würzburger dabei gegnerischen Mannschaften zu oft zu große Freiräume, sodass sie im Schnitt eine enorm hohe Dreierquote von 38 Prozent zulassen. Während in der Defensive der Schwerpunkt der Academics darauf liegen sollte, s.Oliver Würzburg den Weg zum Korb möglichst schwer zu machen, liegt der Fokus in der Offensive also eher auf der Dreierlinie, von wo die Heidelberger vor allem mit Max Ugrai, Rob Lowery und Leon Friederici auch die Mittel haben, um die Würzburger Defensive effizient zu bestrafen.
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