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22. März 2022

Schweres Nachholspiel in Göttingen

Am morgigen Mittwoch treffen mit den MLP Academics Heidelberg und der BG Göttingen zwei Teams im Nachholspiel des 19. Spieltags aufeinander, die beide eine schmerzhafte Niederlage vom Wochenende wiedergutzumachen haben. Auf Heidelberger Seite handelt es sich um den deutlichen 97:77-Misserfolg in Würzburg, der gegen die fränkischen Mitkandidaten im Abstiegskampf besonders schmerzhaft war, da die Academics auch noch den direkten Vergleich abgegeben haben. Die BG Göttingen hingegen muss sich von einer extrem knappen Niederlage im Niedersachsen-Derby gegen die EWE Baskets Oldenburg erholen, die ihnen per Gamewinner vier Sekunden vor Abpfiff von Liga-Urgestein Rickey Paulding beschert wurde. So sollten beide Teams hochmotiviert sein, morgen in der Göttinger Sparkassen Arena die Spiele des Wochenendes vergessen zu machen. Während die Academics die Abstiegsgefahr noch lange nicht gebannt haben, geht es für die Veilchen darum, die Playoff-Teilnahme perfekt zu machen.

Situation des Gegners

Es ist sicherlich nicht übertrieben, von der BG Göttingen als einer der positiven Überraschungen der Saison zu sprechen. Nach einem soliden Saisonstart mit einer Bilanz von vier Siegen und vier Niederlagen konnte die BG einen fulminanten Dezember hinlegen, in dem sie sich mit fünf Siegen in Folge (darunter auch ein deutlicher 80:96-Triumph in Heidelberg) in die obere Tabellenhälfte katapultierte. Dort kann sich die Mannschaft von Roel Moors auch trotz einiger Widrigkeiten weiterhin behaupten. So hatte die BG nach den Vertragsauflösungen mit James Dickey und Zack Bryant Ende November lange Zeit nur vier Importspieler zur Verfügung, allerdings änderte das nichts am Rhythmus der Veilchen.

Mit Harald Frey, den sie Ende Januar aus der zweiten spanischen Liga nachverpflichten konnte, hat die BG Göttingen einen echten Transfercoup gelandet. 11,8 Punkte und 2,7 Assists liefert der Guard den Veilchen in nur durchschnittlich 17:19 Minuten pro Spiel. Foto: Swen Pförtner

Auch die Corona-Pause Ende Januar konnte die BG nicht aus der Bahn werfen. Gestärkt durch die Nachverpflichtungen des norwegischen Nationalspielers Harald Frey, der sich direkt als wertvolle Verstärkung für den Göttinger Backcourt erwiesen hat, sowie US-Big Man Nate Grimes, befindet sich die BG momentan auf dem siebten Tabellenplatz. Mit einer Bilanz von 14 Siegen bei neun Niederlagen haben die Göttinger eine komfortablen Ausgangssituation inne, um sich für die Playoffs zu qualifizieren und eventuell sogar die erste Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb seit 2011/2012 klar zu machen. So können sich die Academics morgen auf eine talentierte Mannschaft einstellen, die ganz genau weiß, wofür sie spielt.

Player to Watch

Die wichtigste Stütze des Göttinger Spiels ist in dieser Saison eindeutig Kamar Baldwin. Der 24-jährige US-Amerikaner, der sich erst in seiner zweiten Profisaison befindet, hat sich von Saisonstart an als ein überragender Scorer auf BBL-Niveau erwiesen. Wie kaum ein Zweiter versteht der Shooting Guard es, sich seinen eigenen Wurf zu erarbeiten und auch aus dem Eins-gegen-Eins zu erfolgreichen Abschlüssen zu kommen. Mit 20,2 Punkten pro Spiel ist Baldwin hinter T.J. Shorts von den Crailsheim Merlins der zweitbeste Punktesammler der Liga, und das bei Wurfquoten von 44,2 Prozent aus dem Feld, 38,7 Prozent von der Dreierlinie und überragenden 90,7 Prozent von der Freiwurflinie. Besonders in der Schlussphase verlässt sich die BG oftmals komplett auf Baldwin und legt die komplette offensive Verantwortung in seine Hände, was durchaus ein Erfolgsrezept sein kann, wie unter anderem Baldwins Gamewinner gegen Bayreuth zeigt. Neben seinen unbestrittenen Qualitäten als Punktesammler trägt Kamar Baldwin auch 4,4 Rebounds, 3,4, Assists und 1,2 Steals pro Schnitt zum Göttinger Spiel bei. Trotz dieses statistischen Gesamtpakets ist es aber vor allem seine Scoringfähigkeit, die Kamar Baldwin zu einem legitimen MVP-Kandidaten in dieser Saison macht. So steht der Heidelberger Guard-Riege um Rob Lowery und Jordan Geist morgen eine ihrer schwierigsten Defensivaufgaben der Saison bevor.

Dreh- und Angelpunkt der Göttinger Offensive: Kamar Baldwin. Foto: Swen Pförtner

Schlüssel zum Spiel

Die BG Göttingen ist von der Dreierlinie die gefährlichste Mannschaft der Liga. Mit 39,5 Prozent Trefferquote verfehlt die Mannschaft von Roel Moors nur ganz knapp die magische 40-Prozent-Marke. Individuell weisen die Veilchen allerdings gleich vier Spieler auf, die bei einem Volumen von mindestens zwei Versuchen pro Spiel diesen Wert übertreffen: Akeem Vargas, Jake Toolson, Mathis Mönninghoff und Harald Frey, wobei letzterer sich mit seinen 54,6 Prozent Dreierquote schon im schwindelerregend hohen Bereich bewegt. So stehen die Academics gegen die BG Göttingen vor dem defensiven Dilemma, einerseits in Kamar Baldwin einen überragenden Eins-gegen-Eins-Scorer stoppen zu müssen, andererseits aber die Armada an Göttinger Schützen im Auge zu behalten, was es unglaublich schwer macht, bei Baldwin auszuhelfen. Diese beiden Aufgaben unter einen Hut zu bekommen wird für die Academics defensiv spielentscheidend sein.

Mit seinen 1,6 Blocks pro Spiel ist Philipp Hartwich in dieser Kategorie Spitzenreiter der easyCredit BBL. Foto: Andreas Gieser // cheesy.photo

Offensiv ist die Situation unter dem Göttinger Korb für die Heidelberger besonders interessant, dort warten mit Nate Grimes (1,3 Blocks pro Spiel) und Philipp Hartwich (1,6) zwei starke Shotblocker, doch vor allem 2,18-Hüne Hartwich ist ausgesprochen foulanfällig: In nur 15 Minuten Spielzeit begeht der Veilchen-Center im Schnitt 3,6 Fouls pro Partie, so dass er seinen Einfluss unter den Körben nur in sehr begrenzter Dauer ausüben kann. So muss es für die Academics zum einen darum gehen, den beiden Göttinger Bigs (auch Grimes ist mit 2,8 Fouls in 19 Minuten Spielzeit diesbezüglich kein Kind von Traurigkeit) schnell Fouls anzuhängen, so an die Linie zu kommen und gleichzeitig die Ringbeschützer aus dem Spiel zu nehmen. Andererseits ist ein weiteres probates Mittel gegen die Göttinger Verteidigung unter dem Korb, das Spielfeld weit zu machen und die gegnerischen Center so zu zwingen, die Zone zu verlassen. Besonders dafür haben die Academics mit Max Ugrai und Brekkott Chapman genau das richtige Personal auf den großen Positionen, das eine zu weit absinkende Verteidigung von der Dreierlinie eiskalt bestrafen kann.

 

Titelbild: Andreas Gieser // cheesy.photo, im Hinspiel MLP Academics Heidelberg vs. BG Göttingen

Text: Niklas Pempe