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30. April 2022

Auswärtsfahrt zum Meister

Weniger als 48 Stunden nach ihrem Heimspiel gegen Brose Bamberg steht am morgigen Sonntag (1. Mai/ 15 Uhr) für die MLP Academics Heidelberg direkt die nächste Partie an. Bei der wohl reizvollsten Auswärtsfahrt der Saison geht es nach Berlin zum amtierenden deutschen Meister und Pokalsieger ALBA BERLIN, die in der easyCredit BBL momentan den zweiten Tabellenplatz belegen und sich mit acht Siegen in Folge zum Saisonendspurt in bestechender Form zeigen. Dabei gewinnt das Duell zwischen dem Heidelberger Underdog und dem haushohen Berliner Favoriten dadurch an Brisanz, dass die Academics im Hinspiel nur Sekunden davon entfernt waren, die Berliner in die Verlängerung zu zwingen, bis Maodo Lô das Spiel mit der Sirene für seine Mannschaft entschied und so die Heidelberger Sensation ruinieren konnte.

Situation des Gegners

Trotz hoher Kontinuität im Spielerkader der Albatrosse, die Leistungsträger wie Luke Sikma, Johannes Thiemann, Marcus Eriksson oder Maodo Lô nach ihrem Titelgewinn im letzten Sommer halten konnten, stand diese Saison für die Hauptstädter im Zeichen eines bedeutsamen Umbruchs. Mit Trainer Aíto García Reneses verließ der bestimmende Akteur der vergangenen vier Spielzeiten vor der Saison 2021/22 die Mannschaft und übergab das Zepter an seinen bisherigen Assistenten Israel González. So stellte sich die große Frage, ob der 28 Jahre jüngere González den begeisternden, auf gutem Zusammenspiel beruhenden Spielstil der letzten Jahre beibehalten können würde und es dabei auch noch schaffen würde, wie Altmeister Aíto großen Teamerfolg mit der erfolgreichen Einbindung von Jugendspielern zu vereinbaren.

2017 kam Israel González mit Coach Aíto als Assistenztrainer und füllte dieses Amt aus, bis er in der vergangenen Spielzeit zum „Associate Headcoach“ befördert wurde.
Foto: Tilo Wiedensohler/camera4

Auch wenn die Bundesliga-Playoffs in dieser Saison noch ausstehen, kann man diese Frage trotzdem schon eindeutig mit ‚ja‘ beantworten. In ihrer ersten Saison mit González als Headcoach konnten die Berliner nahtlos an die Erfolge der letzten Spielzeit anknüpfen. Trotz der unglaublichen Doppelbelastung aus Euroleague und BBL war ALBA über die ganze Saison eine der tonangebenden Mannschaften im deutschen Liga-Betrieb und konnte dieses Jahr sogar den MagentaSport BBL-Pokal gewinnen, den die Albatrosse letztes Jahr noch an den FC Bayern München abtreten mussten. Auch in der Euroleague konnte ALBA eine starke Leistung hinlegen und wie letztes Jahr 12 Siege hinlegen – allerdings bei sechs Niederlagen weniger als in der Vorsaison, was zu einer starken Abschlussbilanz von 12 Siegen und 16 Niederlagen führte. Nach dem Ende der regulären Euroleague-Saison haben die Berliner nun Zeit und Energie, sich komplett auf die Bundesliga zu konzentrieren und empfangen die Academics mit zuletzt acht Siegen in Folge als eines der heißesten Teams der Liga.

Player to Watch

Mit Jaleen Smith treffen die Academics in Berlin auf einen alten Bekannten, der sich seit seiner Zeit in Heidelberg spektakulär entwickelt hat. In der Saison 2017/18 stieß der US-amerikanische Point Guard frisch vom College zu den MLP Academics Heidelberg, wo er zwei Spielzeiten im Heidelberger Trikot verbrachte. Nach einer starken zweiten Saison in der ProA konnte sich Smith für die Bundesliga empfehlen, wo ihn die MLP Riesen Ludwigsburg unter Vertrag nahmen. Auch hier blühte der 27-Jährige in seiner zweiten Spielzeit auf (Saison 2020/21) und war der klare Schlüsselspieler in John Patricks Guard-lastigem System. Sowohl offensiv als auch defensiv überzeugte Smith auf ganzer Linie, legte 15,2 Punkte, 5,1 Rebounds, 5,3 Assists und 1,7 Steals pro Partie auf und wurde folgerichtig zum MVP der Liga gewählt.

9,8 Punkte, 2,9 Rebounds und 3,6 Assists pro Spiel liefert Jaleen Smith in seiner ersten Saison im Alba-Trikot bisher ab. Foto: Jörn Wolter / wolterfoto.de

Im Sommer folgte mit dem Wechsel zu ALBA dann der nächste Schritt in Smiths Karriere. Nachdem er bei Ludwigsburg als unumstrittener Go-to-Guy agieren konnte, musste er sich bei ALBA in das breite Teamgefüge einer Euroleague-Mannschaft einleben und sich an das freie Berliner Spielsystem gewöhnen. Nach einem schwierigen Saisonstart mit ungewohnt schwachen Trefferquoten und hohen Turnover-Zahlen ist der sympathische Combo-Guard inzwischen gut im Berliner Spiel angekommen. Seinen statistisch besten Monat im ALBA-Trikot hatte Smith im März, als er 13,7 Punkte und 4,0 Assists pro Spiel auflegen konnte. So hat er inzwischen seine Rolle im Berliner Offensivsystem gefunden und kann auch defensiv wie gewohnt seine starke Athletik gewinnbringend einsetzen.

Schlüssel zum Spiel

Mit ALBA BERLIN treffen die MLP Academics Heidelberg auf die mit Abstand defensivstärkste Mannschaft der Liga. Nur 98,7 Punkte lassen die Hauptstädter pro 100 Angriffe zu, was einen Vorsprung von sechs Punkten auf die zweitplatzierten Ludwigsburger bedeutet, die auf 100 Angriffe gerechnet 104,8 Punkte zulassen. Dabei können sich die Albatrosse auf jeder Position auf herausragende Individualverteidiger wie den schon erwähnten Jaleen Smith, Eigengewächs und Kettenhund Jonas Mattiseck, den israelischen Nationalspieler Yovel Zoosman oder die beiden elitären Ringbeschützer Ben Lammers und Christ Koumadje verlassen. Diese Defensivexperten sind dabei auch noch als Team hervorragend organisiert, so dass ALBA seinen Gegnern über die Saison gesehen eine mickrige Trefferquote von nur 42,7 Prozent aus dem Feld erlaubt – auch in dieser Kategorie sind die Albatrosse Ligaspitze. Um gegen ein solches Defensivbollwerk anzukommen, dürfen sich die Academics nicht auf Einzelaktionen verlassen, sondern müssen es, trotz ihrer Ausgangslage als schlechtestes Assist-Team der Liga, morgen schaffen, erfolgreich zusammenzuspielen und sich so freie Würfe zu erarbeiten.

Mit seiner Körpergröße von 2,21 Metern teilt sich Alba-Center Christ Koumadje mit Frankfurts Matt Haarms den inoffiziellen Titel des längsten Spielers der Liga. Foto: Tilo Wiedensohler/camera4

Offensiv ist die Ballbewegung auch unter Israel González weiterhin das Markenzeichen der Berliner. Keine Mannschaft spielt so viele Assists wie ALBA, die mit 22,7 Korbvorlagen pro Spiel die Liga in dieser Statistik anführen. Dabei verfügen die Berliner nicht nur unter ihren Guards über Akteure mit Spielmacherqualitäten, sondern haben mit Luke Sikma ihren besten Passer mit 5,3 Vorlagen pro Spiel auf der Power Forward-Position. Für die Academics bedeutet dieses hervorragende Berliner Passspiel, dass die Heidelberger Verteidiger sich zu keinem Zeitpunkt des Berliner Angriffes ausruhen können und besonders abseits des Balles noch aufmerksamer als sonst sein müssen, um ihre Gegenspieler nicht aus den Augen zu verlieren, die sonst regelmäßig zu einfachen Punkten kommen werden.

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  • Titelbild: Andreas Gieser // cheesy.photo
  • Text: Niklas Pempe