Für einige Akteure der MLP Academics Heidelberg hat das Auswärtsspiel am Samstagabend (20.30 Uhr, ab 20.15 Uhr live bei MagentaSport) bei den HAKRO Merlins Crailsheim eine besondere Note. Denn Tim Coleman, Elias Lasisi und Shy Ely sowie Headcoach Joonas Iisalo waren in der Vergangenheit bei den „Zauberern“ aktiv. Für sie ist es also eine Rückkehr und umso mehr kann das genannte Quartett der Academics die Gegebenheiten und Atmosphäre in der Arena Hohenlohe einschätzen. Relevanter ist unterdessen die sportliche Ausgangsposition in der easyCredit Basketball Bundesliga. Die baden-württembergischen Kontrahenten sind Tabellennachbarn und wollen sich mit aller Macht Distanz zur gefährlichen Abstiegszone verschaffen.
Sowohl die Crailsheimer als auch die Heidelberger haben bislang jeweils vier Siege und neun Niederlagen zu verbuchen. Insofern hat morgen im „Hexenkessel“ der Kleinstadt Ilshofen niemand irgendetwas zu verschenken – im Gegenteil, die Merlins als 14. und die Academics als 15. benötigen dringend Zählbares, um nicht vermehrt in den Abstiegsstrudel zu geraten.
Dies gilt insbesondere für die Korbjäger aus der ältesten Universitätsstadt Deutschlands. Die vier Niederlagen in Serie gegen den MBC, FC Bayern München, Brose Bamberg und zuletzt gegen die Veolia Towers Hamburg haben Kratzer hinterlassen. Die Überzeugungskraft, enge Spiele wie in der ersten Saisonphase für sich entscheiden zu können, hat etwas gelitten. Die Crunchtime-Könige, anfänglich von der Konkurrenz genau dafür gefürchtet, brauchen wieder mehr Selbstbewusstsein. Und das holt sich ein angeknocktes Kollektiv stets über Resultate und eine geschlossene Defensivleistung über 40 Minuten. Egal wie, die Merlins zu entzaubern, mit Druck am Ball, unnachahmlicher Konsequenz und einer Portion Gelassenheit wie Cleverness, das wird für die „Riesen vom Neckar“ an der Jagst die ganz große Herausforderung sein.
Headcoach Joonas Iisalo ist trotz des zuletzt schmerzhaften 83:87 im Duell mit Hamburg zuversichtlich, dass die Trendwende in Crailsheim gelingt. „Wir hatten viel Energie gegen Hamburg“, sagt er, „die Jungs waren extrem fokussiert und übernahmen Verantwortung. Wir müssen genau dies aufrechterhalten und die guten Dinge werden eintreten.“ Das ist zugleich die Aufgabenstellung der MLP Academics in den nächsten Wochen. Ohne die Situation dramatisieren zu wollen, die anstehenden Partien in Crailsheim, zu Hause gegen Bayreuth und Würzburg sowie in Frankfurt haben vor dem Highlight und Bonusspiel am 5. Februar gegen Alba Berlin im SNP dome richtungsweisenden Charakter. Punkte gegen unmittelbare Konkurrenten im Ranking zählen bekanntlich doppelt.
In solchen Kräftemessen ist Besonnenheit gefragt. Joonas Iisalo weiß, dass er ausgerechnet am Abend vor seinem 37. Geburtstag am 5. Januar die Selbstbeherrschung verloren hatte. Fehler sind nun mal menschlich – Coaches, Spieler wie Schiedsrichter sind im Profisport allesamt nicht dagegen gefeit. Was denkt der Finne über seine kassierten Technischen Fouls zwei Tage danach? „Ich habe nichts als Respekt für Robert Lottermoser“, kommentiert Iisalo seinen Wutausbruch, „ich habe in diesem Moment versucht, mein Team zu verteidigen. Aber die Emotionen sind mit mir durchgegangen. Dafür ist niemand anderes verantwortlich. Ich habe diesbezüglich einen besseren Job zu machen – beginnend mit dem Spiel in Crailsheim.“
Ein gutes Statement zur richtigen Zeit. Alle Aufmerksamkeit und Kraft muss nun für das Auswärtsmatch bei den Merlins investiert werden.
Die Mannschaft aus dem fränkischen Teil des „Musterländles“ ist alles andere als zufriedenstellend in diese Spielzeit reingekommen. Vor dem 101:91 bei den Basketball Löwen Braunschweig hatten die Hohenloher wie die Academics vier Niederlagen in Folge einstecken müssen. Bereits Mitte Dezember gab es die überraschende Trennung von Headcoach Sebastian Gleim, die – wie aus dem Umfeld kolportiert wird – nicht aus sportlichen Gründen erfolgt sein soll.
Wie dem auch sei: Der Nachfolger ist seitdem der 40-jährige Serbe Nikola Markovic, bis dahin Assistenztrainer unter Gleim. Nach dem ersten Sieg unter seiner Regie in Braunschweig sagte Markovic erleichtert: „Für uns war es ein sehr wichtiges Spiel, um zurück in die Erfolgsspur zu kommen.“
Die 3.200 Zuschauer fassende Arena Hohenlohe wird als „Stierkampfarena“ bezeichnet. Das morgige Match sei in vielerlei Hinsicht wichtig, stimmt Markovic auf die Hatz nach Körben ein: „Erstens ist es ein Baden-Württemberg-Derby und zweitens spielen wir zu Hause vor unseren Fans, denen wir wieder ein Lächeln zurückzaubern und die wir glücklich machen wollen. Heidelberg ist eine gute Mannschaft, mit mehreren Spielern, die selbst punkten und ihre Mitspieler besser machen können. Wir wollen die guten Momente aus Braunschweig mitnehmen und konsequenter in der Defensive und Offensive sein. Mit dem Rückhalt unserer Fans wollen wir den Heimsieg holen!“
Eine Kampfansage – nichts anderes. Die Merlins hoffen auf weiteren Rückenwind, nachdem Routinier Maurice Stuckey in Niedersachsen einen Sahnetag erwischte und mit 26 Punkten seinen Karrierebestwert einstellen konnte. Schlüsselspieler sind ferner die Amerikaner Otis Livingston II (durchschnittlich 14,2 Punkte), Jaren Lewis (12,4), der Finne Edon Maxhuni (10,2), der dänische 2,13-Meter-Center Asbjorn Midtgaard (9,9) und der Litauer Arunas Mikalauskas (9,6).
„Die Merlins verfügen über eine großartige Offensive, bei der sich jeder Spieler jederzeit im Attackiermodus befindet“, analysiert Joonas Iisalo, „verbunden mit guten Werfern macht das aus ihnen einen gefährlichen Kontrahenten.“ Die Einordnung von Alex Vogel, Sportlicher Leiter der MLP Academics, enthält ebenfalls Klarsicht vor einem vorprogrammierten heißen Tanz: „Die Partie in Crailsheim ist für uns sehr wichtig. Es ist nie leicht, bei den tollen Fans und in dieser eindrucksvollen Atmosphäre zu gewinnen. Wir haben gegen Hamburg eine gute Reaktion auf das Spiel in Bamberg gezeigt.“ Man müsse demnach mit der „gleichen Energie von Anfang an agieren“. Absolut richtig.
Ohne Bryan Griffin (Sprunggelenk) und Niklas Würzner (Handverletzung) wird es kein leichtes Unterfangen, die angriffslustigen Merlins zu stoppen. Die Härteprüfung besteht vornehmlich darin, sich eben nicht verrückt machen und nicht in der „Stierkampfarena“ auf die Hörner nehmen zu lassen.
Das ist machbar – mit klugen Ausweichmanövern und einer unbändigen, gemeinschaftlichen Verteidigungsbereitschaft. Joonas Iisalo erwartet eine der lautesten Arenen in der BBL und meint deshalb: „Wir müssen mental sehr stark sein, um einen Auswärtssieg zu landen.“
Text: Joachim „Jogi“ Klaehn
MLP Academics Heidelberg
Kommunikation und Medien