Der Monat April gilt gemeinhin als eine Laune des Glücks. Die beständige Unbeständigkeit soll sich sportlich möglichst nicht auf die MLP Academics Heidelberg übertragen, die im Wandelmonat in der regulären Saison der easyCredit Basketball Bundesliga vor insgesamt sieben Herausforderungen binnen 30 Tagen stehen. Das straffe Programm beginnt am Sonntag (15 Uhr, live bei MagentaSport ab 14.45 Uhr) beim Rangvierten EWE Baskets Oldenburg. „Die bisherigen zwei Spiele gegen sie sind schon lange her“, sagt Academics-Headcoach Joonas Iisalo, „nach ihrer Niederlage gegen Bayreuth können wir damit rechnen, dass sie mit einer ungeheuren Intensität und einem Heimfokus in die Partie gehen.“ Es wird definitiv kein Zuckerschlecken für die Heidelberger im hohen Norden werden, denn die Niedersachsen wollen unbedingt ihre Position hinter dem BBL-Spitzentrio aus Berlin, Bonn und München festigen. Erst recht, weil sie im April von ihren insgesamt acht Spielen sieben ausnahmslos gegen Playoff-Kandidaten bestreiten.
Nach den Heimsiegen gegen die BG Göttingen (84:74) und die HAKRO Merlins Crailsheim (93:82) ist rund um die Mannschaft aus der ältesten Universitätsstadt Deutschlands deutlich mehr Robustheit, Zuverlässigkeit und Selbstbewusstsein zurückgekehrt. Der frühzeitige Ligaerhalt ist in greifbarer Nähe – und sollte im Laufe des Aprils in den nach Oldenburg folgenden Partien gegen Bamberg, Rostock, Hamburg, Bonn, Bayreuth und den MBC eingetütet sein.
Die große EWE Arena, vor knapp zehn Jahren eröffnet, wird wohl auch gegen die MLP Academics mit dem Etikett „ausverkauft“ versehen (6.200 Zuschauer). Die Oldenburger Multifunktionshalle gilt bekanntlich als Stimmungstempel – entsprechend motiviert agieren gewöhnlich die „Donnervögel“ in ihrem Revier. „Oldenburg ist extrem heimstark. Sie brillieren am offensiven Brett und verteidigen hart“, schätzt Heidelbergs Sportlicher Leiter Alex Vogel den diesjährigen Pokalfinalisten ein, „DeWayne Russell ist dazu in herausragender Form und führt diese Mannschaft beeindruckend an. Wir haben im Pokal in Oldenburg ein tolles Spiel gezeigt. An diese Leistung wollen wir anknüpfen, auch wenn sich seither in beiden Teams einiges getan hat.“
Im Viertelfinale des MagentaSport BBL Pokals Anfang Dezember gab es ein hauchdünnes 85:83 für die Norddeutschen in deren Bastion, zum Ärger der MLP Academics, die zwischenzeitlich mit 17 Punkten (50:33/19.) in Front lagen und somit lange von der erstmaligen Teilnahme am „Top Four“ am 18./19. Februar 2023 träumen durften.
Jedenfalls waren beide bisherigen Duelle ganz enge, ausgeglichene und emotionale Angelegenheiten. In der BBL hatten sich die Heidelberger Ende Oktober mit 102:94 nach Verlängerung durchgesetzt, dabei war Teamsenior Shy Ely ein Buzzerbeater 0,3 Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit gelungen. Wartet also auf beide Fangruppen der dritte Thriller in Serie?
Der Spanier Pedro Calles, 39-jähriger Headcoach der EWE Baskets, wird die gefährlichen Gäste ausgiebig studieren und gewiss nicht unterschätzen. „Heidelberg spielt mit viel Tempo in der Offensive und hat in Eric Washington den Motor des Spiels. Mit der Verpflichtung von Jack McVeigh haben sie eine zusätzliche wichtige Offensivoption gewonnen und sind auch über Vincent Kesteloot und Tim Coleman aus dem Post gefährlich“, warnt Calles sein Team, das eindeutig die Favoritenrolle innehat. Doch dies war eben auch zuletzt bei medi Bayreuth der Fall. Und hier gewann das Schlusslicht dank eines fulminanten Schlussviertels (30:13!) sensationell mit 85:75.
Joonas Iisalo sind die ungewöhnlichen Schwächen der „Donnervögel“ nicht verborgen geblieben. Seine Erklärung dafür? „Oldenburg besaß alle Chancen, um dieses Spiel für sich zu entscheiden“, sagt der Academics-Cheftrainer, „doch im Unterschied zu den Bayreuthern traf man die offenen Würfe nicht mehr. Das war zugleich der Unterschied.“ Jeder weiß: Im Basketball kann es wahnsinnig schnell gehen. Zwischen Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, zwischen Euphorie und Niedergeschlagenheit ist es allzu häufig ein schmaler Grat, gerade da die Leistungsdichte zwischen Primus ALBA Berlin und Rote-Laterne-Träger medi Bayreuth einen stets zu berücksichtigenden Aspekt darstellt.
Dementsprechend möchten die EWE Baskets gegen die MLP Academics eine Reaktion auf den Ausrutscher im Frankenland zeigen. Sie sind im Kader tief besetzt, erzielen im Schnitt 85,3 Punkte und holen 37,2 Rebounds. Mit DeWayne Russell, Trey Drechsel, Tanner Leissner, Alen Pjanic und Owen Klassen punkten fünf Cracks zweistellig. Aggressiv und kompakt agiert Oldenburg besonders in der Defense: 81,0 Gegnerpunkte lassen sie zu, somit deutlich weniger als Heidelberg (90,8). Außerdem, das wissen alle BBL-Experten, sind von Pedro Calles betreute Kollektive taktisch sehr variabel und klug eingestellt.
„Es gilt für uns, auswärts mit der gleichen Energie zu spielen wie in den Heimspielen“, konstatiert Alex Vogel ohne Umschweife, „klar ist aber auch, dass wir für einen Sieg in Oldenburg an unser Maximum gehen müssen.“ Das bekräftigt Iisalo, der in den Kriterien Ballbesitz inklusive Rebounding und Turnovers Schlüssel für den Erfolg sieht. „Wir müssen bereit sein, insbesondere für die Oldenburger Intensität in der Verteidigung“, hat der Finne seiner Mannschaft im Laufe der guten Trainingswoche einzuimpfen versucht.
Ob die „Rückkehrer“ Niklas Würzner und „Captain“ Akeem Vargas im Kader stehen, weiß Joonas Iisalo hingegen noch nicht final. Beide befinden sich zweifellos auf einem guten Weg. Nach dem Heimspiel gegen die Merlins zu urteilen, ist Würzner einen Tick weiter, doch festlegen konnte und wollte sich Heidelbergs Headcoach partout nicht: „Wir werden sehen, wo beide am Ende der Woche stehen.“
Ende April, so die Prognose nach der „Allwetterperiode“, wird in der BBL Klarsicht herrschen. Bei den MLP Academics hoffentlich schon zuvor.
Joachim „Jogi“ Klaehn
MLP Academics Heidelberg
Kommunikation und Medien