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22. April 2023

Academics trotzen lange dem Meisterschaftsanwärter

In der easyCredit Basketball Bundesliga unterlagen am Samstagabend die MLP Academics Heidelberg den Telekom Baskets Bonn mit 74:91 (18:23, 22:18, 19:19, 15:31). Das klare Ergebnis darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gastgeber vor 4.053 begeistert mitgehenden Zuschauern dem hohen Favoriten aus der alten Bundeshauptstadt über weite Strecken eine Partie auf Augenhöhe geliefert hatten. Erst in der Schlussphase konnten sich die Gäste entscheidend absetzen.

Der in Hamburg stärkste Academics-Spieler Tim Coleman fehlte

Die Academics traten ohne ihr weiterhin noch nicht einsatzfähiges Eigengewächs Niklas Würzner und auch ohne Tim Coleman an, der sich am Mittwoch beim Auswärtsspiel in Hamburg eine schmerzhafte Fingerverletzung zugezogen hatte. Für sie rückten erneut Shy Ely und der genesene Bryan Griffin in das Aufgebot.

Tuomas Iisalo mit seinem Bruder Joonas Iisalo. (c) Lukas Adler

Das Spiel Heidelberg gegen Bonn war im Vorfeld nicht zuletzt zum Bruderkampf hochstilisiert worden, traf der Bonner Cheftrainer doch in Heidelberg auf seinen jüngeren Bruder in vergleichbarer Position, der zuvor in Crailsheim und Bonn sein Co-Trainer gewesen war. Eine entsprechende Motivation bzw. Rivalität war dem Spiel indes nicht anzumerken.

Sehr beherzt gingen die Heidelberger in das Spiel gegen die möglicherweise derzeit beste deutsche Basketballmannschaft. Ihr Grundkonzept, möglichst viele Treffer aus der Dreierposition zu erzielen, behielten sie bei (31 Würfe aus der Dreier-, 29 aus der Zweierdistanz, davon 11 bzw. 16 Treffer), was  gegen die körperlich deutlich überlegenen Gäste auch besonders sinnvoll schien. Denn immerhin bot der Tabellenführer gleich zwei Nationalcenter (Kratzer, 2,11 m und Kessens, 2,05 m) auf. Doch ein Dreierfestival wie zuletzt in Hamburg sahen die Zuschauer nicht. Da die Bonner etwas erfolgreicher punkteten, konnten sie sich gleich einen bescheidenen Vorsprung herausspielen. Und hätten sie nicht von der Freiwurflinie geschludert (3/7), wäre er nach dem ersten Viertel deutlich größer als fünf Punkte gewesen.

Shorts nicht zu stoppen

TJ Shorts II war gestern nicht zu stoppen. (c) Lukas Adler

Dank insbesondere Griffin und Washington, der sich im Anfangsviertel mit eigenen Würfen noch sichtlich zurückgehalten hatte, kamen die Heidelberger jedoch zurück und schafften den Anschluss. Erneut half dabei die schwache Bonner Freiwurfquote (8/17 in der 1. Hälfte). Doch war ihr Point Guard Shorts, der effektivste Spieler der Liga, nicht zu stoppen. Fast nach Belieben zog er zum Korb, warf Dreier oder setzte seine Mitspieler in Szene, kam schließlich auf 25 Punkte und 6 Assists. Unterstützt wurde er dabei besonders von Sebastian Herrera, der am Ende sechs seiner insgesamt neun Dreier einnetzte und 20 Zähler verbuchte. Ein wichtiger Faktor war bei den Rheinländern allerdings auch ihre Präsenz unter beiden Körben. Das Reboundverhältnis lautete final 49:30 zu ihren Gunsten, am offensiven Brett 27:9! Ihr Center Leon Kratzer griff sich allein 13 Abpraller, davon gleich 9 Offensivrebounds. Dabei sah es auch diesbezüglich anfangs noch recht gut für die Heidelberger aus, doch im Verlaufe der Partie gewann Bonn immer mehr die Oberhand. Nach Kräften hielten hier McVeigh (8 Rb.) und Kesteloot (6) dagegen, die beide punktemäßig recht schwach begonnen hatten, sich jedoch später deutlich steigerten. Gerade Kesteloot, mit 1/5 bei den Dreiern wenig erfolgreich, wühlte unverdrossen, setzte nach und nutzte wiederholt die 2. Chance. Eric Washington war gewohnt effektiv, scorte 13 Punkte und glänzte mit acht Assists. Max Ugrai hingegen kam in der Offensive nicht so recht ins Rollen, blieb mit vier Punkten hinter seiner sonstigen Ausbeute zurück.

Reboundüberlegenheit der Gäste gegen Ende immer krasser – den Academics schwanden Kräfte, Konzentration und Zuversicht

Am Ende schwanden die Kräfte der Academics und die Konzentration lies nach. (c) Lukas Adler

Den Bonnern ist ihre lange Siegesserie anzumerken. Sie lassen sich auch durch einen Rückstand nicht beirren und haben im Zweifelsfall immer noch einen Pfeil mehr im Köcher. Ihnen genügten nach ihren Verhältnissen durchschnittliche Leistungen, während die Heidelberger immer an ihrem Limit agieren mussten, was sie dann im letzten Viertel eben nicht mehr konnten. Beim 52:48 (26. Minute) keimte zwar bei ihnen Siegeshoffnung auf, die auch bis zum Ende des 3. Abschnitts (59:60) realistisch erschien. Nach dem 65:68 (33. Minute) verloren die Hausherren dann allerdings sukzessive den Anschluss. Die Kräfte schwanden, die Konzentration ließ nach, auch das Nachsetzen gelang nun kaum noch – die Siegeszuversicht wich der nüchternen Realität: Der Tabellenzwölfte, ausgestattet mit einem eher bescheidenen Etat, spielte gegen ein Spitzenteam, das sich keinesfalls eine Blöße geben wollte, auch (schon gar?) nicht gegen die Mannschaft des jüngeren Bruders.

Wenn auch auf Heidelberger Seite wohl niemand wirklich mit einem Sieg gerechnet hatte, handelte es sich trotz des am Ende noch deutlichen Ergebnisses um eine ganz andere Partie als im Hinspiel in Bonn. In Heidelberg mussten die Bonner schon erheblich mehr kämpfen, um am Ende das Feld zu behaupten. Es ist unverkennbar, welche Fortschritte die Academics gemacht haben. Dafür sind die Bonner allerdings kein realistischer Maßstab. Es sei im Jargon des Hallensprechers zitiert: Weiter, immer weiter!

Stimmen zum Spiel.

Tuomas Iisalo, Headcoach der Telekom Baskets Bonn:

„Es war ein sehr hartes und physisches Spiel, was sich nicht unmittelbar am Ergebnis ablesen lässt.  Wir waren in der ersten Hälfte nicht gut vorbereitet, wir hatten unsere Schwierigkeiten und Heidelberg hat sehr gut gespielt. Aber unser Team hat sich nicht unterkriegen lassen, was sie auch in anderen Spielen diese Saison gezeigt haben. Das ist eine gute Teameigenschaft. Und heute hat sich das dadurch gezeigt, dass wir viele zweite Chancen genutzt haben.“

 Joonas Iisalo, Headcoach der MLP Academics:

„Glückwunsch an Bonn, ich wünsche Ihnen das Beste für den Rest der Saison. Es war eine sehr harte Begegnung für beide Teams. Ihre Konstanz konnten wir nicht erzeugen. Wenn du 20 Offensivrebounds vergibst, dann kannst du ein Basketball Spiel nicht gewinnen. Bonn hat insgesamt 27 Offensivrebounds, wir haben nur 9. Das ist inakzeptabel. Gleichzeitig ein Lob an Leon Kratzer, er ist der beste Rebounding Center, es ist kein leichter Job ihn auszuboxen. Aber die ersten drei Viertel waren wir da und konzentriert. Bonn war im letzten Viertel wie eine Schlange, sie hatten den Griff fest um unseren Hals und immer fester zugezogen, und am Ende hatten wir keine Chance. So haben sie heute gespielt.“

MLP Academic Heidelberg – Telekom Baskets Bonn 74:91 (18:23, 22:18, 19:19, 15:31)
Für die MLP Academics Heidelberg spielten: Jack McVeigh 13 (2 Dreier), Vincent Kesteloot 13 (1), Eric Washington 13 (2), Bryan Griffin 11, Elias Lasisi 9 (3), Bennet Hundt 5 (1), Max Ugrai 4, Shy Ely 3 (1), Akeem Vargas 3 (1), Felix Edwardsson, Lukas Herzog (DNP)
Bonn: T.J. Shorts 25 (3), Sebastian Herrera 20 (6), Leon Kratzer 12, Collin Malcolm 12, Michael Kessens 7, Tyson Ward 6, Finn Delany 4, Karsten Tadda 3 (1), Zachary Ensminger 2, Javontae Hawkins, Deane Williams

Peter Wittig
MLP Academics Heidelberg
Kommunikation und Medien

Zuschauer:innen: 4.053
MLP Academics Heidelberg – Basketball mit Zukunft