Wer nach vorne sehen will, der darf nicht nach hinten denken. Seit geraumer Zeit stecken die MLP Academics Heidelberg in einer sportlich schwierigen Situation, die nicht mir nichts dir nichts zu bewältigen ist, sondern jede Menge Geduld, Durchhaltevermögen und Leistungsoptimierung erfordert. Nach dem 69:92 bei den Telekom Baskets Bonn wartet nunmehr im Heimspiel am Samstagabend (20 Uhr/live bei Dyn ab 19.45 Uhr) im SNP dome mit den MHP RIESEN Ludwigsburg der nächste Hammergegner auf unsere Jungs vom Neckar. Die Gelbschwarzen haben aus den letzten sieben Saisonspielen in der easyCredit Basketball Bundesliga sechs Siege geholt, darunter in eindrucksvoller Weise Meister ratiopharm Ulm mit 99:70 „zerlegt“ und auch ALBA Berlin beim 87:79 weitgehend beherrscht. Ergo: Heidelberg trifft auf einen Kontrahenten, der sich in Topform befindet und erneut in dieser Spielzeit ein gewichtiges Wörtchen in Sachen Playoffs und Meisterschaftsvergabe mitreden möchte.
Trotz aller Widrigkeiten wäre es bei den MLP Academics fatal, die Köpfe in den Sand zu stecken und nicht an einen Streich gegen die starken Schwaben zu glauben. Denn auch die RIESEN kamen zu Beginn der Saison nur schwer in Tritt und mussten erst einmal drei Heimniederlagen gegen Hamburg und Bonn (79:80 im Pokal, 86:91 in der BBL) wegstecken. Hinzu kam die Trennung vom Amerikaner Marcus Garrett, dessen Vertrag nach nur einer Woche wieder aufgelöst worden war. Inzwischen freilich haben die King-Schützlinge ihre Identität gefunden. „Man muss in der Lage sein, 40 Minuten super hart zu spielen. Man muss den Basketball gegen den großen Druck, den sie auf dem ganzen Feld ausüben, schützen und darf sich nicht bei den Rebounds überrumpeln lassen“, empfiehlt Academics-Headcoach Joonas Iisalo eine Rezeptur, die unaufhörliche Bereitschaft zum Powern und eben auch ein hohes Maß an Abgeklärtheit im Kopf erfordert.
Der Heidelberger Tabellennachbar BG Göttingen hat es in einer Nachholpartie am Dienstagabend vorgemacht, dass man diese energetischen Ludwigsburger aus der Fassung bringen kann. Allerdings nur ein Viertel lang, als die „Veilchen“ bis auf 15 Punkte Differenz davonzogen. Dann freilich brachen beim Vorletzten alle Dämme, die Gäste legten in den zweiten zehn Minuten 37 Zähler auf und nahmen schließlich einen imponierenden 104:76-Auswärtstriumph mit auf die Heimreise. Was heißt das? Die RIESEN dürfen mit ihrer Wucht und breiten Kadertiefe partout nicht ins Rollen kommen, ansonsten droht ein basketballerisches Waterloo. Denn diese Mannschaft lässt wie ihr vitaler Trainer Josh King nie nach. Die Physis ist ihr herausragendes Merkmal. Dafür steht gerade auch sinnbildlich deren Kapitän Yorman Polas Bartolo. Der inzwischen 38-jährige Deutsch-Kubaner ist ein Vorbild an Fitness und „Fighting Spirit“.
Es wird entscheidend auf Academics-Seite sein, nicht von Anfang an in Rückstand zu geraten. Vielmehr müssen sich die Universitätsstädter die Seele aus dem Leib rennen, die Ellbogen unter den Brettern ausfahren und so hart, unangenehm und regelkonform wie möglich gegen die „Ballzauberer“ aus der Barockstadt auftreten. Mit einem solchen Mindset an Kompromisslosigkeit sind die RIESEN, gerade mit dem Support von den Tribünenflanken im SNP dome, vielleicht ins Wanken zu bringen. An dieser Stelle hält Trainer Joonas Iisalo eine Botschaft an die mitfiebernden Fans parat: „Das ganze Team weiß die großartige Unterstützung zu schätzen, die wir bekommen. Das ist extrem wichtig für uns, vor allem wenn es bisher nicht so gelaufen ist, wie wir uns das alle gewünscht haben.“
Der Monat Dezember als Stimmungsaufheller? Mit mehr Licht als Dunkelheit? In den Spielen gegen Ludwigsburg, Chemnitz, Ulm, Göttingen und den FC Bayern Basketball soll und muss vor allen Dingen die Leistung unserer Academics stimmen. Und selbstverständlich hofft jeder, dass möglichst zeitnah ein neuer Playmaker der hiesigen Korbjäger-Community präsentiert werden kann. „Wir brauchen jemanden auf dieser Position“, sagt Eigengewächs Niklas Würzner, „aber es ist nicht einfach, einen Spieler mit gewissen Qualitäten zu finden.“ Dessen ungeachtet appelliert „Niki“ Würzner an jeden einzelnen seiner Teamkollegen: „Wir müssen einfach unseren Job machen und Einsatz bringen. Es geht nicht, die Köpfe wie zuletzt in Bonn hängen zu lassen.“
Kleine Nadelstiche, Statements oder Ausrufezeichen über die gesamte Spielzeit zu setzen, kann gegen einen vermeintlich übermächtigen Kontrahenten maßgeblich helfen. Positiv ist die Nachricht, dass Vincent Kesteloot (mit Problemen in der rechten Schulter gegen die Baskets) wieder voll einsatzfähig sein wird. Iisalo gibt Entwarnung: „Vinnie hat normal trainiert.“ Ungewiss ist hingegen, ob Paul Zipser dabei sein kann. „Paul ist für das Spiel fraglich“, sagt der Academics-Headcoach kurz und knapp, wohlwissend, dass sein Team bei einem Ausfall von Forward Zipser positionsbedingt um taktische Optionen beraubt werden würde.
Die Gäste aus dem Norden von Stuttgart beschleichen weniger Sorgen. „Captain“ Polas Bartolo darf nach seiner Sperre, die aus dem Match gegen ALBA resultierte, in Heidelberg mitwirken. In seiner zweiten Saison kann Josh King ohnehin personell aus dem Vollen schöpfen. Die Mannschaft wurde gut und gezielt verstärkt. Desure Buie (Kocaeli BSB Kagitspor/Türkei), Deion Hammond (ZZ Leiden), Javon Graves (Limoges CSP), Jaren Lewis (HAKRO Merlins Crailsheim), Elijah Childs (Bakken Bears/Dänemark) sowie Nachverpflichtung Silas Melson (Petkim Spor/Türkei) sind neu dabei. Der breite Spielerkader ist ganz auf die großen Ambitionen der RIESEN ausgerichtet, die sowohl in der BBL als auch in der Champions League bestehen. Dort haben es die Schwaben mit AEK Athen, den Polen von King Szczecin und Dinamo Basket Sassari aus Sardinien in der Vorrunden-Gruppe D zu tun. Zwei Siege und zwei Niederlagen stehen bis dato zu Buche. „Ludwigsburg ist wieder extrem gut und ich denke, sie haben gute Chancen, auch in dieser Saison ins Halbfinale einzuziehen“, sagt Joonas Iisalo über die Fähigkeiten der RIESEN aus dem Schwabenland.
Das sechste Heimspiel wartet am Samstag auf seine Zöglinge, die Blickrichtung geht ausschließlich nach vorne – ein Überraschungscoup mit anschließender Feierstunde der MLP Academics im SNP dome ist in der laufenden Saison 2023/2024 überfällig …
Vor dem Sprungball um 20 Uhr möchten wir die Zuschauer darauf hinweisen, rechtzeitig zu kommen und möglichst öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Es gibt noch Tickets an der Abendkasse, die wie gewohnt um 18.30 Uhr am SNP dome öffnen wird. Darunter auch Tickets für Ermäßigte ab 5 Euro.
Joachim „Jogi“ Klaehn
MLP Academics Heidelberg
Kommunikation und Medien