Nach Spitzenreiter NINERS Chemnitz wartet der amtierende deutsche Meister ratiopharm auf die MLP Academics Heidelberg. Das Auswärtsspiel in der easyCredit Basketball Bundesliga wird zwei Tage vor Heiligabend gewiss kein Zuckerschlecken, sondern eine große Herausforderung. „Unsere Mannschaft ist energiegeladen und spielfreudig“, sagt Headcoach Joonas Iisalo vor dem Baden-Württemberg-Derby am Freitag (18.30 Uhr/ live bei Dyn ab 18.15 Uhr) in der Münsterstadt. Die ratiopharm Arena, im unmittelbar benachbarten bayrischen Neu-Ulm gelegen, wird wie gewohnt mit ihrem Fassungsvermögen von 6.200 Zuschauern sehr stimmungsvoll sein. Die Agenda lautet: Gemeinschaftliches Weihnachtssingen, weihnachtliche Tombola und bevorzugt keine Geschenkeverteilung an die Gäste aus der Kurpfalz.
Wie bereits zuletzt in Sachsen ist die Ausgangslage für den momentanen Vorletzten ähnlich. Auf dem Papier sind die MLP Academics beim Tabellenzweiten in der klaren Außenseiterposition und müssten eine konstante, topsolide Leistung über vier Viertel zeigen, um die Ulmer „Spatzen“ abfangen zu können. „Ulm verfügt über eine tolle Mannschaft. Sie haben gerade Chemnitz auswärts geschlagen. Sie haben alles, was ein gutes Team braucht. Es würde mich nicht wundern, wenn sie auch in dieser Saison um die Meisterschaft kämpfen“, ist Iisalo voll des Lobes über den Kontrahenten.
Freilich hat der Glanz des strahlenden Champions zuletzt einige Kratzer abbekommen. Am vergangenen Sonntag verloren die Schwaben mit 80:95 beim Starensemble des FC Bayern Basketball, den sie letzte Saison mit einem Sweep in der Playoff-Halbfinalserie aus dem Titelrennen eindrucksvoll eliminierten. Und erst am Dienstagabend zogen die langen Kerle von Cheftrainer Anton Gavel im EuroCup beim litauischen Vertreter 7-bet Lietkabelis Panevezys mit 90:94 den Kürzeren. „Defensiv waren wir zu selten auf der Höhe und das haben sie konsequent ausgenutzt. Das war der Hauptgrund, wieso wir am Ende verloren haben“, beklagte Gavel die 94 kassierten Punkte im Nordosten von Litauen. Eine dritte Niederlage hintereinander will sich der Klub mit neuerlichen Titelambitionen bei der „OrangeXMas“ gegen die Universitätsstädter partout nicht leisten.
Nur allzu gerne würden die MLP Academics die Blaupause des sensationellen Erfolgs der Rostock Seawolves zu Beginn der Adventszeit verwirklichen. Die Korbjäger von der Ostsee entführten mit einem imponierenden 107:89 die Zähler aus Ulm, was immerhin zeigt, dass der Meister an einem schwächeren Tag durchaus verwundbar zu sein scheint. „Du musst extrem hart und zusammenspielen. Du musst dich durch die schwierigen Phasen des Spiels kämpfen und wichtige Würfe treffen“, so Joonas Iisalo über die Rezeptur und Genesungseffekte im Direktkontakt mit ratiopharm Ulm. Dazu muss jeder Heidelberger Akteur morgen an sein absolutes Limit gehen. „Wir dürfen uns nicht so wie zuletzt in Chemnitz präsentieren. Es geht um das ‚Wie‘. Wir müssen als Mannschaft auftreten und von der ersten Sekunde bis zur letzten Sekunde competen“, gibt der Sportliche Leiter Alex Vogel die Devise aus. Was heißt das? Auf dem Parkett soll die Antwort energisch und somit passend ausfallen.
Laut Iisalo hat Nachverpflichtung Joshia „Josh“ Gray aus Louisiana in dieser Woche gut trainiert und sich nach Jetleg-Problemen und erlittenen Krämpfen beim Debüt in Chemnitz weiter in Nordbaden akklimatisiert. „Ohne eine Saisonvorbereitung mit einer Mannschaft dauert es immer ein bisschen, bis man sich wohlfühlt und in voller Spielform ist. Das ist ganz normal. Ich denke, Josh macht einen großartigen Job und macht gute Fortschritte“, konstatiert Iisalo und zeigt Verständnis für die Anlaufschwierigkeiten des technisch versierten Profis, der das Playmaking der MLP Academics konsolidieren soll.
Der Trainerstab darf auf Bestbesetzung hoffen. Personelle Hiobsbotschaften sind eineinhalb Tage vor dem Sprungball am 13. BBL-Spieltag bei unseren Jungs vom Neckar nicht zu vermelden. Eine rundum gute Nachricht, zumal es zum Jahresausklang ohne Pause weitergeht. Drei Partien (Ulm, Göttingen und FC Bayern) binnen acht Tagen sind nicht zu verachten. „Wir haben keine Weihnachtspause. Wir trainieren praktisch jeden Tag. Das ist das Leben eines Basketballtrainers und -spielers auf der ganzen Welt. Es verlangt von allen eine Menge Opfer, aber gleichzeitig wissen wir, wofür wir uns verpflichtet haben“, meint Iisalo auf Nachfrage. Es gehört also zum Jobprofil von Spielern wie Coaches, sich auf derartige Situationen mental wie körperlich einzustellen.
Einen Tag vor den MLP Academics am 27. Dezember (18.30 Uhr, SNP dome) gegen die BG Göttingen müssen die Ulmer bereits wieder ran. Im EuroCup erwarten sie Turk Telekom Ankara am zweiten Weihnachtsfeiertag (19.30 Uhr) und möchten den 91:78-Hinrundenerfolg mit einem weiteren Ausrufezeichen versehen.
Vor dem Saisonstart hatte der Premierenmeister in seinem Kader einige Anpassungen vornehmen müssen. Mit den beiden Brasilianern Yago dos Santos (Roter Stern Belgrad) und Bruno Caboclo (Reyer Venezia), Brandon Paul (Buducnost VOLI/Montenegro), Fedor Zugic (BG Göttingen), David Fuchs (University of Rhode Island), Joshua Hawley (ADA Blois Basket) und Sagaba Konate (Samsunspor) verließen sieben Profis aus unterschiedlichen Motiven das Ulmer Team. Dafür wurde unterdessen hochkarätiger, gleichwertiger Ersatz gefunden. Der neue Center Trevion Williams (Santa Cruz Warriors) hat ebenso eingeschlagen wie der Dominikaner L.J. Figueroa (Grises des Humacao) und der Brasilianer Georginho de Paula (Franca Basquetebol Clube). Erwartbar waren die Wurfkünste des erfahrenen, zuletzt nicht mitwirkenden Amerikaners Mathias Dakota (Lenovo Tenerife).
Außerdem gelingt es den Ulmer Verantwortlichen um Sportdirektor Thorsten Leibenath und Geschäftsführer Dr. Thomas Stoll regelmäßig, herausragende Talente auszubilden. Der Spanier Juan Nunez sowie die beiden Franzosen Pacôme Dadiet und Noa Essengue (Pole France Paris) sind dafür beste Beispiele. Ulm hat sich längst zu einer feinen Adresse für entwicklungsfähige Spieler und „Rohdiamanten“ etabliert. Die erste Meisterschaft 2023 ist quasi die Veredelung eines langjährigen, mit viel Fingerspitzengefühl durchgeführten Prozesses. „Ulm ist in der BBL ein Finals-Kandidat. Sie haben sich als Team aus verschiedenen Gründen schneller gefunden als in der vergangenen Saison. Trotz der Niederlage zuletzt in Litauen spielen sie auch international bisher stark. Die Ulmer sind athletisch und haben auf fast allen Positionen Spieler, die kreieren können. In Juan Nunez haben sie einen genialen Point Guard, dazu in Trevion Williams einen echten MVP-Kandidaten“, so die Einschätzung von Alex Vogel über das Team der Hausherren Marke 2023/2024.
Nach Ulm am Freitag ist vor Göttingen (27. Dezember) und München (30. Dezember). Was soll möglichst am Jahresende auf der Habenseite der MLP Academics stehen? „Wir konzentrieren uns auf den Prozess und die Leistung. Wenn man diese beiden Dinge gut genug und hart genug macht, werden wir auch Siege einfahren“, ist Joonas Iisalo optimistisch.
Ruhe zu bewahren, ist nicht verkehrt. Vor ereignisreichen und mit Spannung ausgefüllten Tagen bis zum Jahreswechsel erst recht.
Joachim „Jogi“ Klaehn
MLP Academics Heidelberg
Kommunikation und Medien