Seit zweieinhalb Wochen hatten die MLP Academics Heidelberg kein Spiel mehr. Kontrahent MHP RIESEN Ludwigsburg war noch am 18. Februar beim Halbfinale des MagentaSport BBL Pokals im Einsatz, verlor dieses gegen Top-Four-Ausrichter EWE Baskets Oldenburg mit 86:92. Dabei hatten die Barockstädter eine Führung verspielt. Nun also am Sonntagnachmittag (15 Uhr, live ab 14.45 Uhr bei MagentaSport) das Baden-Württemberg-Derby in der 4.700 Zuschauer fassenden MHP Arena, in dem beide Teams nichts zu verschenken haben. Ludwigsburg ist inzwischen auf Rang sechs in der easyCredit Basketball Bundesliga positioniert, nachdem die Gelb-Schwarzen einen zwischenzeitlichen Durchhänger verkraften mussten, in den letzten drei Matches gegen Bayreuth, Braunschweig und Frankfurt ihnen aber die Trendwende gelang. Die letzten vier Heidelberger Partien standen derweil unter keinem allzu glücklichen Stern. Die Englische Woche gegen Berlin, Göttingen und Ulm sowie der „Nachklapp“ in Würzburg zog eine Niederlagenserie für den Tabellen-15. nach sich, auch weil sich das Team mit herben Verletzungs- und Krankheitsproblemen konfrontiert sah.
Insofern kam die Länderspielpause dem Trainerstab und den Profis der MLP Academics nicht ganz unrecht. Außerdem nutzten die Universitätsstädter die Zeit, um auf dem Transfermarkt nochmals aktiv zu werden. Der Kontrakt mit dem Kalifornier De’Jon Davis (24 Jahre) wurde aufgelöst, der Forward hatte in 15 Spielen durchschnittlich 9,1 Punkte markiert und war einige Male als siebter Importcrack nicht mehr auf dem Feld gestanden. Inzwischen hat Davis mit Wonju DB Promy in Südkorea einen neuen Arbeitgeber gefunden und das erste Spiel bestritten (24 Minuten Spielzeit, 13 Punkte, 11 Rebounds).
Stattdessen haben die MLP Academics den australischen Forward Jack McVeigh (26 Jahre, 2,03 Meter) nachverpflichtet, von dessen mannigfaltigen Qualitäten die Verantwortlichen überzeugt sind. Das Gute dabei: „Jackie“ McVeigh befand sich mit den Tasmania Jack Jumpers bis vor Kurzem im Wettkampfmodus der National Basketball League (NBL). Im Halbfinale war gegen die New Zealand Breakers im Best-of-three-Modus dann Endstation, wodurch der Transfer nach Deutschland kurzfristig möglich wurde.
Gemessen nach den bisherigen Trainingseindrücken sowie einer vom Jetlag beeinflussten ersten Woche ist Headcoach Joonas Iisalo vom Integrationsprozess des smarten, sympathischen „Aussies“ aus Cabarita Beach sehr angetan. „Jack ist noch dynamischer, ein sehr guter Werfer und bestens ausgebildet in der Offensive“, sagt Iisalo vor dem Auswärtsspiel über den Australier, „er bringt ganz andere Dinge mit im Vergleich zu DJ.“ Auf das Bundesliga-Debüt von Jack McVeigh darf die Academics-Community gespannt sein. Der gecharterte Fanbus der Kurpfälzer ist ausgebucht.
Für Heidelbergs Korbjäger ist Ludwigsburg ein schwieriger Schauplatz. Sowohl Joonas Iisalo als auch „Sportmanager“ Alex Vogel geben sich da keinerlei Illusionen hin. „Die Riesen spielen mit einem unglaublichen Tempo“, charakterisiert Vogel die „Schwabenpfeile“, „sie setzen den Gegner offensiv und defensiv unter Druck. Auch deshalb kommt es in ihren Spielen immer wieder zu großen Läufen. Für uns wird es auch darum gehen, genau diese großen Läufe gegen uns zu verhindern.“ Ihre gefährlichen Guards Prentiss Hubb, Jhonothan Dunn und Will Cherry können alle scoren. Die 86:100-Hinspielniederlage der Academics zum Saisonauftakt Anfang Oktober resultierte aus der individuellen Klasse der MHP RIESEN – und insbesondere aus 21 (!) mehr verwandelten Freiwürfen.
„Sie sind eines der schnellsten Teams der BBL. Wenn du dieses Tempo nicht mitgehen kannst, bekommst du Probleme“, sagt Iisalo, „sie verfügen über viel Kreativität und Wurfgewalt. Über die Jahre hinweg haben sich die RIESEN zu einem dominanten Heimteam entwickelt. Wir müssen bereit für den Nahkampf sein.“ Klare Worte – und ein klarer Auftrag an die Mannschaft der MLP Academics, sich mental auf eine intensive Auseinandersetzung auf dem Parkett der 2009 eröffneten MHP Arena einzustellen.
Die Residenzstädter, seit 2002 ununterbrochen im deutschen Basketball-Oberhaus heimisch und 2020 gar deutscher Vize-Meister, haben nach dem Abgang von Isaiah Whitehead (jetzt Besiktas Istanbul) im Januar und dem erlittenen Kreuzbandriss von Jeff Roberson beim 108:94-Erfolg bei medi Bayreuth ebenfalls personell nachgelegt. Mit dem 24-jährigen Forward Sam Waardenburg wurde ein 2,08 Meter großer Neuseeländer geholt, der mit den Cairns Taipans gegen die Sydney Kings im anderen NBL-Semifinale von „Down Under“ stand. Duplizität der Ereignisse; Waardenburg schied wie McVeigh aus, sodass ab diesem Wochenende die Kings und die Breakers die Finalserie bestreiten.
Waagenburg und McVeigh kennen sich bestens. In der regulären Saison waren die Taipans Dritte
r und die Jack Jumpers Vierter im erlesenen Zehnerfeld.
Waardenburgs Weg führte über das Rangitoto College in seiner Heimat Auckland an die University of Miami in die USA. Dort spielte der „Kiwi“ von 2017 bis 2022 und führte sein College-Team erstmals in der Geschichte ins NCAA „Elite Eight“. „Nach der Verletzung von Jeff Roberson mussten wir schnell handeln und wir hatten Sam schon länger im Auge“, schildert Ludwigsburgs amerikanischer Cheftrainer Josh King die Beweggründe des jüngsten Februar-Transfers, „mit seiner Größe wird er uns als ‚Stretch 4-5‘ mehr Tiefe im Frontcourt geben und kann dort seine Stärken beim Shooting, Rebounding und als Rim-Protector ausspielen.“
Äußerungen des 37-jährigen John-Patrick-Nachfolgers, die denen von Joonas Iisalo auf Heidelberger Seite ähneln. Den Frontcourt wollten nämlich auch die MLP Academics gezielt verstärken, Jack McVeigh kann je nach Bedarf die Positionen vier und fünf, aber auch die „Drei“ vorteilhaft ausfüllen.
Personell hat sich die Lage etwas entspannt. Laut Iisalo sind die beiden Amerikaner und Führungsspieler Eric Washington und Tim Coleman wieder im Vollbesitz ihrer Kräfte. Kapitän Akeem befindet sich noch im Regenerationsprozess und kann in Ludwigsburg ebenso wie Niklas Würzner (Handbruch) nicht spielen. Trotz dieser Handicaps möchten die MLP Academics im prestigeträchtigen Landesderby couragiert auftreten. „Wir haben noch 40 Prozent der Spiele ausstehen und wollen einen Run starten“, freut sich Joonas Iisalo aufs Basketball-Business nach der Unterbrechung. Alex Vogel ergänzt selbstbewusst: „Wir fahren nach Ludwigsburg, um zu gewinnen. Dennoch brauchen wir dafür eine fast optimale Leistung.“
Ein Erfolg unweit des „blühenden Barocks“ wäre wie der Gewinn eines „Jack-Pots“. Jack McVeigh hätte zum Einstand in Europa gewiss nichts dagegen – und seine neuen Teamkollegen von den MLP Academics beim Sturm auf die MHP Arena erst recht nicht. Serien sind im Sport bekanntlich da, um gebrochen zu werden.
Joachim „Jogi“ Klaehn
MLP Academics Heidelberg
Kommunikation und Medien