Am morgigen Samstag treffen die MLP Academics Heidelberg um 18 Uhr in der Arena Hohenlohe auf die HAKRO Merlins Crailsheim. Dabei stehen sich zwei Teams gegenüber, deren Formkurve in komplett unterschiedliche Richtungen zeigt. Die Academics reisen mit ordentlichem Rückenwind nach Crailsheim. Mit fünf Siegen aus den letzten zehn Spielen, darunter die beiden extrem wichtigen Erfolge gegen Frankfurt und Gießen, konnten sich die Academics zuletzt in starker Form zeigen. Die Crailsheimer hingegen befinden sich momentan in ihrer schwierigsten Saisonphase. Nicht zuletzt wegen dem Ausfall von MVP-Kandidat T.J. Shorts und eines Corona-Ausbruchs in der Mannschaft konnten die Merlins nur zwei ihrer letzten zehn Ligaspiele gewinnen und stecken in einer Negativserie von inzwischen sechs Niederlagen in Folge. So steht sogar der einst beinahe sicher wirkende Crailsheimer Playoff- Einzug in Frage. Die Merlins liegen auf ihrem zehnten Tabellenplatz inzwischen nur noch einen Sieg von den elftplatzierten Academics entfernt, die im Hinspiel den Crailsheimern eine 100:91-Niederlage zufügen konnten.
Noch vor einem Monat hätte sich die Situation der HAKRO Merlins Crailsheim wie eine der Feel-Good-Stories der Saison gelesen. Nach dem Abgang von Erfolgstrainer Tuomas Iisalo nach Bonn und Star-Point Guard Trae Bell-Haynes nach Spanien, die die Merlins letztes Jahr in die Playoffs geführt hatten, sah es so aus, als ob eine schwierige Umbruchssaison anstünde. Allerdings konnten die beiden entstandenen Lücken mit Sebastian Gleim und T.J. Shorts II hervorragend gefüllt werden, die als Trainer-Point Guard-Gespann dafür sorgten, dass die Merlins nahtlos an ihren Spielstil und Erfolg der letzten Saison anknüpfen konnten. In der Liga bewegten sich die Hohenloher durchgängig in der oberen Tabellenhälfte, konnten sich im FIBA Europe Cup für das Viertelfinale qualifizieren und im Pokal sorgten die Zauberer für einen der größten Erfolge der Clubgeschichte, indem sie sich für das Final Four qualifizieren konnten, wo sie sich erst im Finale gegen ALBA BERLIN geschlagen geben mussten.
Am 16. März traf die Merlins dann allerdings die denkbar unglücklichste Verletzung: im Viertelfinal-Rückspiel des FIBA Europe Cup gegen ZZ Leiden riss die Brustmuskelsehne von T.J. Shorts II. Shorts war der unumstrittene Star in der Mannschaft von Sebastian Gleim. Für ihn bedeutet diese Verletzung das Saisonende. Danach ging es vom Regen weiter in die Traufe: Eine Corona-Welle traf die Mannschaft, so dass zwei Spiele der Merlins verschoben werden mussten. Die Magier spielen erst wieder seit dem 27. März. In dieser Zeit mussten sie allerdings schon vier Spiele absolvieren, die die weiter dezimierten Crailsheimer allerdings alle verloren. So treffen die Academics in Crailsheim auf einen Gegner, der alles versuchen wird, um wieder auf die Erfolgsspur zurückzufinden und noch einmal in Richtung Playoffs anzugreifen.
Das System, das Tuomas Iisalo in Crailsheim installiert hat und das jetzt unter Sebastian Gleim weitergeführt wird, basiert zu einem großen Teil auf einem dominanten Point Guard, der entweder selber punktet oder Lücken in der Verteidigung reißt, um Räume und Würfe für seine Mitspieler zu kreieren. T.J. Shorts II hatte diese Rolle bis zu seiner Verletzung grandios ausgefüllt, mit 20,6 Punkten und 7,1 Assists pro Spiel hervorragende Statistiken aufgelegt und wurde vollkommen zurecht als möglicher MVP der Liga gehandelt.
Nach dem Saisonaus von Shorts sind die Merlins auf dem Transfermarkt tätig geworden und haben mit Mike Caffey einen Point Guard verpflichtet, der die von Shorts hinterlassene Lücke schließen soll. Den ersten Teil der Saison absolvierte Caffey für Kyiv Basket, mit denen er auch im FIBA Europe Cup aktiv war und hier auf die Crailsheimer traf, denen er in der Zwischenrunde des Europe Cup 20 Punkte einschenken konnte. Im Schnitt legte Caffey für den Tabellendritten der ukrainischen Liga im nationalen Wettbewerb solide 10,5 Punkte, 4,7 Assists und 3,8 Rebounds auf. Nach dem Abbruch der ukrainischen Liga, aufgrund der russischen Invasion, wurde der 29-Jährige vereinslos, sodass die Merlins die Chance hatten, mit Caffey einen Europa- erfahrenen Point Guard unter Vertrag zu nehmen.
Bisher konnte Mike Caffey drei Spiele für die HAKRO Merlins absolvieren, in denen er im Schnitt 11,3 Punkte und 3,0 Assists auflegte – solide Zahlen, insbesondere wenn man bedenkt, wie schwierig es für einen Aufbauspieler ist, sich mitten in der Saison in eine bestehende Mannschaft einzufinden. Auch die Academics können morgen gespannt sein, wie weit Caffey schon in das starke Teamgefüge der Merlins integriert ist und inwiefern es ihm gelingt, die durch den Ausfall von T.J. Shorts gerissene Lücke zu schließen.
Besonders defensiv können sich die Academics auf ein schwieriges Spiel einstellen. Die HAKRO Merlins stellen über die Saison gesehen die drittbeste Offensive der Liga, nur ALBA BERLIN und die Telekom Baskets Bonn, bei denen ex-Merlins-Coach Iisalo ein ganz ähnliches Offensivsystem laufen lässt, erzielen auf 100 Ballbesitze gerechnet mehr Punkte als die Crailsheimer. Dabei ist die Mannschaft von Sebastian Gleim besonders aus der Distanz brandgefährlich. Die Merlins versuchen die fünftmeisten Dreier pro Partie und treffen mit der fünftbesten Quote (10,1 getroffene Distanzwürfe pro Partie) – zum Vergleich: den Academics gelingen nur 7,7 Dreier pro Partie. Besonders auf Maurice Stuckey, der am Mittwoch gegen den MBC nach seiner Corona-Erkrankung in den Merlins-Kader zurückgekehrt ist, müssen die Academics besonders aufpassen: 2,5 Dreier trifft der Crailsheimer Kapitän pro Spiel. Der zweite ausgewiesene Scharfschütze im Team von Sebastian Gleim ist Elias Lasisi, der mit 41,3 Prozent die beste Dreierquote aller momentan spielfähigen Merlins auflegt.
Unter den Körben müssen die HAKRO Merlins gegen die MLP Academics Heidelberg leider auf Bogdan „Boggy“ Radosavljevic verzichten, der nach seiner Corona-Infektion wieder in den Kader zurückgekehrt war, nun aber zwei Wochen mit Herzproblemen aussetzen muss. Da mit Fabian Bleck eine zweite wichtige Stütze auf den großen Positionen auch erst am Mittwoch gegen den MBC ihr Corona-Comeback geben konnte, lastet viel Verantwortung auf den übrigen Big Men der Merlins, besonders Richmond Aririguzoh, der über die Saison gesehen mit durchschnittlich 11:18 Minuten Spielzeit eher eine kleine Rolle gespielt hat. So können die Academics die momentan sehr dünn aufgestellten HAKRO Merlins unter dem Korb attackieren.
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