Ob sie es wollen oder nicht: Der Fokus vor der Partie in der easyCredit Basketball Bundesliga zwischen den Telekom Baskets Bonn und den MLP Academics Heidelberg liegt auf einem Bruder-Duell. Tuomas Iisalo (40) und Joonas Iisalo (36) werden am Samstagabend (5. November, 20:30 Uhr) im Telekom Dome erstmals aufeinandertreffen. Diese besondere Konstellation animierte diese Woche sogar ein Kamerateam aus „Suomi“ dazu, ins Rheinland zu reisen, um über die beiden finnischen Trainerphilosophen zu berichten. Und noch eine weitere Koryphäe aus dem hohen Norden hat sich für die Korbjagd, die live bei MagentaSport übertragen wird, angesagt. Es ist Henrik Dettmann (64), der sowohl die finnische als auch die deutsche Nationalmannschaft (1997 bis 2003) trainiert hat und inzwischen das in Basketballkreisen viel beachtete Nationalmannschaftsprogramm Finnlands als Leiter prägt.
„Ich betrachte das Spiel nicht als Iisalo gegen Iisalo, sondern als Heidelberg gegen Bonn – und Tuomas wird es genauso sehen“, sagt der Trainer der MLP Academics, „es geht nicht um mich oder ihn, sondern um zwei Teams, die bislang soliden Basketball gespielt haben. Darauf fokussiere ich mich.“ Typisch Joonas – könnte man einordnen. Von der Trainerbank der Magentafarbenen sind ähnliche Botschaften zu vernehmen. Iisalo gegen Iisalo sei vorwiegend ein medialer Ansatz.
Tuomas ist dreieinhalb Jahre älter als Joonas und ist objektiv als Cheftrainer etwas erfahrener als sein Bruder, doch er hat gelernt, dass im Profisport Unwägbarkeiten und somit keinerlei Erfolgsgarantien existieren. Und selbstverständlich ist ihm, wenngleich die Brüder nicht permanent korrespondieren, die bisherige positive Entwicklung der Gäste aus Nordbaden nicht entgangen. „Heidelberg wird von Spiel zu Spiel besser, was normal für eine Mannschaft ist, die komplett neu zusammengesetzt ist und ein neues System spielt“, analysiert Tuomas Iisalo den Gegner, „besonders defensiv haben sie sich seit Saisonbeginn stabilisiert. Und dann sind da noch ihre vielen Buzzer-Beater – das sagt viel über das gegenseitige Vertrauen im Team aus und auch, dass die Mannschaft noch viel erreichen kann.“ Komplimente aus dem Hause Iisalo.
Die Rollen sind vor dem Kräftemessen im Telekom Dome (Kapazität 6.000 Zuschauer), dem stimmungsvollen Epizentrum der Telekom Baskets, klar verteilt. Das Herz schlägt dort Magenta – Bonn hat höhere Ambitionen und Ansprüche als die der MLP Academics, die sich in der zweiten Saison nach dem Aufstieg aus der ProA sukzessive entwickeln möchten. Die Bonner Fans seien „unglaublich laut und energetisch“, erinnert sich Joonas Iisalo an die vergangene Runde, als er mit Tuomas Seite an Seite stand und mit dem Team vom „#Heartberg“ den Einzug bis ins BBL-Halbfinale feiern durfte, „es ist sicherlich einer der schwierigsten Plätze in der BBL, um zu gewinnen. Wir müssen diese Atmosphäre genießen und dürfen sie aber nicht zu nah an uns herankommen lassen.“
Ergo: Joonas Iisalo ahnt genau, was sein Team erwartet. Wie hart es ist, die Balance zwischen Hypothek und Stimulanz in einem der ultimativen Stimmungstempel der Liga zu finden.
Er wird seinen Bruder vor dem Sprungball in Bonn treffen. Sie werden ungezwungen plaudern und ein wenig frotzeln. Doch dann gelte die vollkommene Konzentration auf den jeweiligen Job. Tuomas darf den Stärken seines Teams vertrauen, das prima zusammengestellt wurde und in TJ Shorts II (17,0 Punkte, sieben Assists im Schnitt) über eine herausragende Kreativkraft verfügt. Joonas wiederum setzt auf ein „fighting mindset“ seiner Jungs. Das Selbstbewusstsein ist dank der Last-Minute-Erfolgserlebnisse gegen Frankfurt, Braunschweig (im Pokal) und zuletzt gegen Oldenburg spürbar gestiegen.
Die Telekom Baskets, das wissen die Heidelberger Verantwortlichen, sind insbesondere zu Hause eine Macht. Es ist also am morgigen Samstag ein Bonusspiel! Bei dem die MLP Academics leider auf Tim Coleman verzichten müssen. Die Fingerverletzung aus dem Verlängerungskrimi gegen Oldenburg macht zwar keine Operation notwendig, doch Coleman fällt mindestens ein, zwei Wochen lang aus.
Die Mannschaft entwickle sich konstant weiter, mache defensiv und offensiv Fortschritte. „Die Spieler verstehen immer besser, welchen Basketball wir spielen wollen“, sagt der Sportliche Leiter Alex Vogel, „jetzt gilt es, diesen Weg konzentriert fortzusetzen. Wir wollen in jedem Spiel an unserem Maximum spielen. Wenn wir das schaffen, haben wir eine Siegchance. So auch in Bonn. Dennoch wissen wir, dass wir Außenseiter sind und eine außergewöhnliche Leistung brauchen.“
Eine wohltuend realistische Einschätzung. Dass Heidelbergs Korbjäger inzwischen Crunchtime können, ist unstrittig und hat sich in Bonn herumgesprochen. Ob sie die rheinländischen Hausherren bis zu diesem maßgeblichen Punkt herausfordern und in deren Bastion ärgern werden, steht unterdessen auf einem anderen Blatt.
Warum? Die Telekom Baskets stellen eines der besten Offensivteams der BBL, sind wurfstark und packen energisch beim Rebound zu – defensiv wie offensiv. „Sie haben eine klare Identität mit Point Guard TJ Shorts, über den sehr viel läuft“, bewertet Alex Vogel den Kontrahenten, „auch defensiv haben sie eine große Qualität. Sie sind ein Top-drei-Team in der BBL!“
Ergänzend sei erwähnt, dass sie herausragend von Tuomas Iisalo dirigiert werden. Ein innovativer Coach, dem der jüngere Bruder Joonas nacheifert – und weiter und weiter an seinem eigenen Profil und Stil feilt. Unter den Augen von Finnlands kleiner, feiner Basketball-Szene – und von „Trainer-Guru“ Henrik Dettmann sowie zuvorderst der BBL-Welt hierzulande.
Text: Joachim „Jogi“ Klaehn
MLP Academics Heidelberg
Kommunikation und Medien