Seufzer sind oft mit Schmerzen verbunden, aber eben auch mit Erleichterung. Letzteres erhoffen sich die MLP Academics Heidelberg dringend, denn nach vier knappen Niederlagen in der Meisterschaft und zuletzt im Achtelfinale des BBL-Pokals soll – endlich – die Sehnsucht nach dem ersten Erfolgserlebnis in der easyCredit Basketball Bundesliga gestillt werden. Am Samstag (20 Uhr/live ab 19.45 Uhr bei Dyn) treten Heidelbergs beste Korbjäger beim Wiederaufsteiger Tigers Tübingen an. „In der BBL ist jedes einzelne Spiel hart umkämpft. Meistens gewinnt die Mannschaft, die mit mehr Energie kommt und mehr Spielzüge durchzieht“, sagt Academics-Headcoach Joonas Iisalo vor dem Gastspiel im Schwabenland, „das macht die BBL zu einer sehr interessanten Liga. Tübingen hat einen ganz anderen Spielstil als wir, das stellt uns vor andere Herausforderungen.“ Ganz klar: Unsere Academics wollen aus den fauchenden Tigers zahme „Tigerle“ machen und deren gefährliche Krallen zurechtstutzen.
Einfach wird es freilich in der 3.132 Zuschauer fassenden Paul Horn-Arena nicht. Die engeren Ausmaße und die steil aufsteigenden Tribünenflanken der Multifunktionshalle sorgen für eine heiße Heimspiel-Atmosphäre, von der sich zahlreiche Teams in der Vergangenheit, seit ihrer Eröffnung 2004, beeindrucken ließen. In dieser Spielzeit setzte es bis dato zwei Heimniederlagen, zum Auftakt gegen Meister ratiopharm Ulm (84:99) und unter den Augen von Weltmeister Dennis Schröder in der ersten Pokalrunde gegen die Basketball Löwen Braunschweig (64:78). Stattdessen überraschten die Tübinger mit einem 88:76 bei den völlig umgekrempelten Telekom Baskets Bonn.
Alex Vogel: „Ein gefährlicher Gegner“
„Tübingen ist eine eingespielte Mannschaft, die eine klare Rollenverteilung hat. Sie sind sehr gut gecoacht und ein gefährlicher Gegner. Bisher werfen sie in der BBL zwar wenige Dreier, treffen diese aber exzellent. Offensiv ist vor allem Jhivvan Jackson gefährlich. Die Tigers spielen einen attraktiven Basketball“, ordnet Heidelbergs Sportlicher Leiter Alex Vogel das Vier-Punkte-Spiel ein, „uns erwartet eine schwere Aufgabe. Wir müssen über 40 Minuten Basketball mit viel Intensität spielen. Eine erste Halbzeit wie beim MBC dürfen wir uns nicht erlauben. Wir müssen defensiv zulegen und eine Gier für unseren ersten BBL-Sieg aufs Parkett bringen.“
Dieser unbedingte Erfolgshunger wird nötig sein, das wissen alle Protagonisten auf Heidelberger Seite, um die Trendwende einzuleiten. Man kann niemandem im Team den Kampfgeist absprechen, doch ein gewisses defensives Laissez-faire im Pokalfight bei SYNTAINICS MBC führte eben dazu, dass die Weißenfelser zur Pause (50:39) und kurz danach (64:48, 24.) weit enteilt waren, so dass sich das 94:98 trotz eines starken Finishs nicht mehr umbiegen ließ. „Wir hatten auch in der ersten Halbzeit einige gute Momente, auch wenn das Ergebnis nicht so war, wie wir es wollten. Wir haben uns einige Chancen herausgespielt, diese aber nicht genutzt. Wir hätten uns besser um den Ball kümmern müssen. Insgesamt ist die Konstanz eine große Sache für uns. Wir können nicht 50 Punkte in einer Halbzeit zulassen“, blickt Iisalo mit einer Mischung aus Bedauern und Jetzt-erst-recht-Haltung zurück.
Joonas Iisalo: „Jeder muss ein bisschen mehr tun“
Sein Appell in Richtung mehr Kontinuität und Stabilität richtet sich an jeden – inklusive des mehrköpfigen Trainerteams. „Jeder muss ein bisschen mehr tun. Das gilt für alle, auch für mich. Da führt kein Weg dran vorbei. Wir müssen die freien Würfe mit Selbstvertrauen nehmen und darauf vertrauen, dass wir sie auf lange Sicht auch treffen werden“, so die Ansage des Finnen, der sich dank des Mitwirkens von Forward Tim Coleman größeren Elan verspricht. Ein ermutigendes Signal für die Mannschaft? Joonas Iisalo ohne Umschweife: „Ich bin froh, dass Tim wieder auf dem Platz steht. Er bringt so viel Vielseitigkeit in unser Team. Er hat noch einen weiten Weg vor sich, um 100 Prozent zu erreichen, aber er ist auf dem besten Weg dahin.“
Coleman selbst sprach im RNZ-Podcast „Akademisches Viertel“ darüber, dass Basketball nun mal seine Passion sei. „Ich fühle mich gut, wieder auf dem Feld zu sein“, so der Amerikaner voller Zielstrebigkeit, „hoffentlich bin ich bald bei 100 Prozent.“ Das Knie scheint ihm keinerlei Probleme mehr zu bereiten, einziger Faktor ist noch die spezifische Kondition, die bei der Hatz nach Körben nötig ist. Coleman, der Mutmacher …
Bei den Hausherren steht das Motto im Nacken der gelben oder schwarzen Trikots: „Jung hungrig leidenschaftlich“. So wollen sie das „Abenteuer erste Liga“ bestreiten, das der Verein bewusst um ein Jahr vertagt hatte. Bereits 2022 waren die Raubkatzen nämlich sportlich aufgestiegen, doch sie reichten aus finanziellen Beweggründen keinen BBL-Lizenzantrag ein. Anders schaute es vor dieser Saison 2023/2024 aus: Erfolgstrainer Daniel „Danny“ Jansson, der 44-jährige Landsmann von Iisalo, verfügte gemeinsam mit dem jungen Manager Jascha Maus (28) offenbar über verbesserte budgetäre Rahmenbedingungen. Fünf Akteure verließen die Tigers, fünf Profis wurden mit dem bisherigen Topscorer Jhivvan Jackson (durchschnittlich 22,3 Punkte), von Spirou Charleroi aus Belgien gekommen, Jimmy Boeheim (Nymburg Basketball/Tschechien), Zaccheus Darko-Kelly (PAOK Thessaloniki), Christoph Philipps (Veolia Towers Hamburg) und Kaodirichi Akobundu-Ehiogu (University of Memphis) geholt.
Javon Ferguson-Masters feiert sein Debüt
Wegen der Verletzung des finnischen Nationalspielers Aatu Kivimäki (Anriss der Plantarfaszie) haben die Schwaben dieser Tage den kanadisch-jamaikanischen Point Guard Javon Ferguson-Masters (Stade Rochelais aus La Rochelle) nachverpflichtet. Der 28-jährige,1,83 Meter große Crack hatte beim Zweitligisten aus Frankreich mit guten Werten überzeugt und wird gegen die MLP Academics debütieren. Zusätzlicher Aspekt ist die Verletzungsmisere insgesamt: Neben Kivimäki fallen momentan auch Forward Christoph Philipps und Center Kriss Helmanis (2,12 Meter) bei den Tübingern aus. „Wir mussten handeln. Javon ist ein Spieler, den ich in den letzten Jahren bereits verfolgt habe. Seine Spielanlage ist etwas anders als die von Aatu, aber er wird uns mit seinem Zug zum Korb eine neue Qualität geben“, sagt Headcoach „Danny“ Jansson über den Neuzugang, der vor seinem Wechsel nach Europa bzw. Spanien 2018 fünf Jahre lang bei der University of Brunswick glänzte.
Die Academics werden unterdessen noch mehr auf sich selbst als auf den Kontrahenten schauen, sollten ihre Geschwindigkeit, Athletik und individuellen Fähigkeiten ausnutzen, um den Premierensieg 2023/2024 einzufahren. Ach ja: Das Maskottchen Tigerle gilt seit 2004 als heimlicher Star im „Hallendschungel“ der Paul Horn-Arena. Die Raubkatze namens Walter gibt seit knapp Jahrzehnten stets alles – doch auch dies soll gegen die Iisalo-Schützlinge kein wirksames Mittel sein. Nein, der erste Triumph soll her – bei der Zähmung der Tübinger Basketball-Tiger. Eine riesige Erleichterung wär’s allemal.
Hinweis auf Fanfahrt:
Die MLP Academics organisieren einen Bus zum Auswärtsspiel nach Tübingen. Auf unserer Ticketseite ist eine Anmeldung unter https://tickets.mlp-acdemics.de/shop/103 möglich. Allerdings nur noch bis Freitag 14 Uhr. Busfahrt und Ticket kosten zwischen 24 Euro (Ermäßigte) und 34 Euro (Vollzahler).
Joachim „Jogi“ Klaehn
MLP Academics Heidelberg
Kommunikation und Medien