Mit einer überzeugenden Vorstellung melden sich die MLP Academics Heidelberg nach einer neun Spiele währenden Niederlagenserie eindrucksvoll zurück. Insbesondere im zweiten Viertel drehen die Hausherren auf und spielen wie im Rausch. Zwar wird es nach einer 18 Punkte Führung in der zweiten Halbzeit nochmals eng, allerdings lassen sich die Academics dieses Mal den Schneid nicht mehr abkaufen und bringen die Partie mit dem ersten Hunderter der Saison mit 100:91 nach Hause.
Die Crailsheimer reisten derweil mit einer beeindruckenden Siegesserie an den Neckar. Nicht einmal die Basketballer des FC Bayern waren in der Lage gewesen, die Merlins zu entzaubern. Somit war die Favoritenrolle vor der Partie auch klar vergeben. Es gab jedoch einen Hoffnungsschimmer. Insbesondere gegen Mannschaften aus dem unteren Tabellenbereich ließen die Hohenloher nämlich öfters Federn. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Vorzeichen konnte man durchaus darauf hoffen, dass die Gäste den bis dahin Tabellenfünfzehnten unterschätzen würden.
In einer nervösen Anfangsphase deutete sich die hohe Punkteausbeute nicht an. Die ersten sechs Wurfversuche verfehlten allesamt ihr Ziel. So war es Brekkott Chapman vorbehalten, den Punktereigen mit zwei erfolgreichen Freiwürfen zu eröffnen. Nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich gelang es, sich durch einen 7:0 Lauf erstmals abzusetzen. Im ersten Viertel zeigten sich die Kurpfälzer vor allem von der Freiwurflinie ungewohnt sicher. Bis 1:36 Minute vor Ende des ersten Viertels war man auf 17:9 enteilt, doch die Gäste deuteten nicht nur ihr Potential, sondern auch ihr durch die vier Siege in Serie gestiegenes Selbstbewusstsein an. Bis zur Viertelpause leuchtete ein 17:15 auf der Anzeigetafel, das dem Spielgeschehen auf dem Feld zu diesem Zeitpunkt nicht gerecht wurde.
Die Gegner der Academics hatten es in diversen Interviews einige Mal thematisiert, dabei aber schön umschrieben: die Heidelberger würden aus guten Einzelspielern bestehen. Übertragen heißt es, dass man weniger über Teamplay als durch Einzelaktionen zu Korberfolgen kommt. Dass sie es anders können, deuteten sie in einem Viertel an, was vermutlich das beste der Saison bleiben wird. Insgesamt fanden acht von neun Wurfversuchen von jenseits der Dreierlinie ihr Ziel. Zur Einordnung hilft möglicherweise folgende Statistik: in einem gewöhnlichen BBL Spiel treffen die Academics nur sieben Dreier bei ca. 30% Quote.
Aus einer wie entfesselt spielenden Mannschaft, kann Leon Friederici dennoch eine besondere Erwähnung finden. Beim Ligakonkurrenten syntainics MBC nicht berücksichtigt, scheint er in Heidelberg nach zwei schwierigen Spielen, in denen er jedoch auch äußerst engagiert und teamdienlich agierte, angekommen zu sein. Der Scharfschütze erzielte im Alleingang unglaubliche 12 Punkte in weniger als drei Minuten und dürfte seinen Mannschaftskameraden einen extra Push gegeben haben.
Das Viertel endete mit 41:25 und stellte den Halbzeitstand von 58:40 her. Mit einer achtzehn Punkte Führung sollte in eigener Halle doch nichts mehr anbrennen oder? Zumal auch die zugelassenen 500 Zuschauer ihre Mannschaft mit stehenden Ovationen in die Halbzeitpause verabschiedeten und für eine beeindruckende Stimmung sorgten. Doch Maurice Stuckey hatte andere Pläne. Drei erfolgreiche Dreier in Serie brachten die Gäste Stück für Stück wieder näher heran. Zu allem Überfluss meldete sich auch der quirlige MVP Kandidat TJ Shorts zurück und verteilte in gewohnter Manier seine Assists, erzielte aber auch selbst einige wichtige Punkte. Beim Spielstand von 70:66 waren die Gäste somit wieder in Schlagdistanz.
Erschwerend kam in dieser Reifeprüfung für die Academics die Verletzung von Niklas Würzner Mitte des dritten Viertels hinzu – eine Diagnose steht noch aus. Der komfortable 18 Punkte Vorsprung war am Ende des dritten Viertels, welches die Gäste mit 28:17 für sich entscheiden konnten, auf sieben Zähler geschmolzen.
Sicherlich fragten sich auch die Zuschauer im SNP Dome und vor den Bildschirmen in den heimischen Wohnzimmern: wie würde die Mannschaft reagieren? Verunsichert? Nervös? Die klare Antwort lautet: nein! Heute sollte alles endlich wieder anders sein. Durch eine geschlossene Mannschaftsleistung, bei welcher jeder der Akteure auf dem Feld seinen Anteil hatte, stachen vielleicht am ehesten noch Rob Lowery und Brekkott Chapman heraus. Doch auch der wieder erstarkte Geist, der wieder mit mehr Energie spielende Kelvin Martin und selbstverständlich der Mr. Perfect des Abends Leon Friederici ließen eine Wende nicht mehr zu. Hinzu kommt, dass auch Max Ugrai seine Rolle im Team immer besser findet und sich zu einer wichtigen Stütze der Academics entwickelt.
Am Ende feiern die MLP Academics Heidelberg einen überzeugenden Sieg und melden sich wieder zurück. Die Mannschaft hat die Niederlagenserie scheinbar nie an sich herangelassen, weiterhin hart gearbeitet und den Glauben an sich und die eigenen Fähigkeiten nie verloren. So gewinnt man Spiele! So gewinnt man Fans!
Für Heidelberg scorten: Chapman (22), Lowery (22), Martin (14), Friederici (12), Geist (11), Ugrai (9), Ely (8), Heyden (2).
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Sebastian Gleim
„Erstmal Gratulation zum verdienten Sieg an Frenki und sein Team und gute Besserung an Niklas Würzner. Wir sind natürlich unzufrieden mit unserer Art und Weise, vor allem im zweiten Viertel. Wir haben nicht zusammen verteidigt, was man tun muss, um gegen Heidelberg eine Chance zu haben um hier zu gewinnen. Und das ist egal wie viele Spiele wir davor gewonnen haben, denn in der BBL sind alle Spiele für die HAKRO Merlins Crailsheim ein 50/50 Spiel. Und anscheinend haben wir diese Mentalität heute nicht zusammenbekommen. Nochmal Gratulation zum verdienten Sieg.
(…)
Wir machen weiter wie bisher jedes Spiel. Wir haben eine besondere Chance in Kiev, auswärts vielleicht für eine Überraschung zu sorgen, gegen ein starkes FIBA Europe Cup Team. Wir bereiten uns ab morgen auf diese Spiel vor, aber jetzt gilt es erstmal, dieses Spiel zu analysieren und uns wieder aufzubauen, die richtige Wege zu finden um eine Chance im nächsten Spiel zu haben.“
Branislav Ignjatovic
„Bevor ich anfange über das Spiel zu reden, möchte ich allen Leuten erstmal gratulieren. (…) [Der Sieg] ist das schönste Geschenk, was ich bekommen konnte. 9 Niederlagen in Folge, da ist es egal wie die zustande gekommen sind, das ist eine Last, die du trägst. Du musst dich wieder motivieren, du musst wieder in die Halle kommen. Für einen Aufsteiger wie Heidelberg ist das eine gesonderte Situation, das erste Spiel zu gewinnen, dann das fünfte, dann das zehnte und dann das vierzehnte. Natürlich ist das, was alle Spieler geträumt haben, aber so wachsen auch die Erwartungen der Leute. Ich habe immer gesagt, der 15. Spieltag spiegelt die Kräfteverhältnisse der Mannschaften.
2004, meine erste Saison in Langen, habe ich mit der längsten Niederlagenserie angefangen. 7 Niederlage in Folge, direkt Anfang der Saison. Drei Mal darfst du raten, gegen wen ich im achten Spiel gewinnen habe- Crailsheim. Als ich hierhergefahren bin, habe ich gedacht, vielleicht nimmt uns Crailsheim auf die leichte Schulter.
In der 2. Halbzeit hat man gesehen, dass Sebastian eine tolle Arbeit macht (…) Ich kenne Crailsheim seit der Regionalliga, das ist eine Organisation, die sich toll entwickelt hat von allen in Deutschland. Wenn ich auf die Statistik blicke, wenn ich mich nicht täusche, stand Crailsheim nur 1 x an der Freiwurflinie und wir 14-mal, vielleicht ist das der Wille, dieses Spiel zu entscheiden.“
Titelbild: Lukas Adler