Ohne die drei Stammkräfte Eric Washington (Grippe), Tim Coleman (Schulter) und Akeem Vargas (Knie) waren es am späten Mittwochabend denkbar ungünstige Voraussetzungen für die MLP Academics Heidelberg, um am 21. Spieltag der easyCredit Basketball Bundesliga bei den Würzburg Baskets zu bestehen. Nach einer sehr respektablen ersten Halbzeit schwanden mit zunehmender Spieldauer die Kräfte bei den Kurpfälzern, während die Hausherren in der zweiten Hälfte vor 2.315 Zuschauern in der tectake Arena zwei Gänge höher schalteten und letztlich souverän mit 90:71 (23:23, 24:17, 19:14, 24:17) gewannen. Damit kassierten die MLP Academics die vierte Niederlage – Berlin, Göttingen, Ulm und nun Würzburg – in Folge. Die Pause, bedingt durch das „Top Four“ des MagentaSport BBL Pokals und die abschließenden WM-Qualifikationsspiele der deutschen Nationalmannschaft gegen Schweden (24. Februar) und Finnland (27. Februar), kommt den Iisalo-Schützlingen gerade recht, um den Akku wieder aufzuladen und sich im Kampf um den Klassenerhalt neu zu sortieren.
„Es gibt immer eine Chance, um zu gewinnen“, sagte der Belgier Vincent Kesteloot im anschließenden Fernsehinterview. Die ambivalente Gefühlslage war dem besten Academics-Akteur deutlich anzumerken. Selbstverständlich habe man vor dem Sprungball in der „Turnhölle“ im Würzburger Stadtteil Sanderau gewusst, dass es ein hartes Match werden würde. „Die erste Halbzeit war okay von uns“, so der erneut effiziente und zuverlässige Allrounder, „wir haben auch in der zweiten Halbzeit versucht, alles zu geben. Am Ende aber war das Würzburger Tempo zu hoch – und uns ist die Kraft ausgegangen. Es ist nicht einfach.“
Nachdem endgültig feststand, dass Headcoach Joonas Iisalo zum zweiten Mal hintereinander auf seinen erkrankten Star Eric Washington verzichten musste und zudem Kapitän Akeem Vargas und Tim Coleman aus Verletzungsgründen fehlten, erschwerte dies die ohnehin delikate Auswärtsaufgabe bei den kompakten Baskets erheblich. „Durch unsere drei Ausfälle müssen die anderen Spieler andere Rollen ausfüllen und entsprechend aufrücken“, gab Iisalo vor Beginn der Partie die Marschroute aus.
Allein der Blick auf die Bank der MLP Academics ließ Schlimmeres an diesem Abend befürchten. Denn Vargas und Coleman sowie Niklas Würzner (Handverletzung) saßen ohne Trikot am Rande der Bande, Topscorer Washington war erst gar nicht in die Residenzstadt angereist. „Eric ist unser wichtigster Kreativspieler“, konstatierte Joonas Iisalo, verbunden mit der Hoffnung, dass sich ähnlich wie zuletzt bei ratiopharm Ulm die Verantwortung wiederum auf mehrere Schultern verteilt und sich die Spielstruktur dadurch stabilisiert. Im ersten Viertel gelang dies noch auf bemerkenswerte Art. Man lag frech mit 17:9 (6.) in Front, erwischte die in der Anfangsphase leicht verunsicherten Würzburger auf dem falschen Fuß und überzeugte mit Qualitäten im Korbabschluss. Shy Ely war im ersten Viertel der auffälligste Protagonist – der amerikanische Routinier scorte gleich stolze zehn Punkte.
Durfte auf eine zweite Überraschung wie beim 93:82 vor zweieinhalb Wochen im SNP dome gehofft werden? Nein, nicht wirklich. Die Hausherren zeigten im zweiten Viertel, dass sie auf unbedingte Revanche für die Hinrundenniederlage aus waren. Noch blieben Ugrai und Co. in Schlagdistanz, obgleich ein 12:0-Lauf (von 25:31 auf 37:31) der Baskets erahnen ließ, dass sich der Playoff-Kandidat diesmal schadlos halten wollte. Die Energie und Power von Cameron Hunt, O‘Showen Williams und Motor Stanley Whittaker brachte die Academics zunehmend in arge Bedrängnis.
Leider verloren die Gäste nach dem annehmbaren 47:40 zur Halbzeit vollkommen ihre Linie. Würzburg agierte sehr aggressiv und konzentriert, übernahm dank der individuellen Klasse im Team das Kommando und beherrschte das offensive Brett in hohem Maße. Der chilenische 2,11-Meter-Center Nicolas Carvacho (24 Punkte, 11 Rebounds – bedeuteten zugleich persönliche Bestleistung) machte mit den Heidelbergern in der Box, was er nur wollte. Whittaker glänzte als Dirigent und Assistkönig (11), Hunt war mit sehenswerten Crossover-Dribblings und seiner raffinierten Eleganz am Ball nicht mehr zu stoppen. Beim 66:47 (28.) für die Baskets sollte das Duell frühzeitig entschieden sein, wenngleich sich der Tabellen-15. mit einem tapferen Zwischenspurt nochmals bis auf 66:54 (3. Viertel) heranzutasten vermochte.
Im Schlussabschnitt hatten die Unistädter freilich keine Chance mehr. In überzeugender Manier brachten die Baskets das Spiel problemlos nach Hause. Bis zum klaren Endstand von 90:71 setzten vornehmlich Hunt, Carvacho und Whittaker weitere Akzente und Ausrufezeichen beim Schaulaufen, das übrigens zwei Freiwurfzähler des Ex-Mannheimer Jugendakteurs Elijah Ndi beinhaltete.
Neben Vincent Kesteloot überzeugte bei den Academics Bennet Hundt (10 Punkte, 8 Assists), ferner mit Abstrichen Lukas Herzog (10 Punkte). Die anderen konnten nicht an die starke Leistung über 36 Minuten in Ulm anknüpfen. Dem Team unterliefen schlichtweg zu viele unnötige Patzer und unruhige Phasen, die Würzburg gnadenlos bestrafte. Am markantesten sollte der Qualitätsunterschied bei den Zweiern (35/55 gegenüber 15/28) sowie im Reboundverhältnis (39/24) sein. Da halfen selbst die Dreier (4/10, sechs mehr als die Baskets) und die eigene makellose Freiwurfquote (11/11) nichts.
Was bleibt? Die positive Erkenntnis, dass Braunschweig, Frankfurt und Bayreuth den tabellarischen Abstand zu den MLP Academics am 21. Spieltag der BBL nicht verkürzen konnten. Umgehend lautet die Devise, bis zu den bevorstehenden Liga-Partien bei den MHP RIESEN Ludwigsburg (Sonntag, 5. März, 15 Uhr) und im heimischen SNP dome gegen die BG Göttingen (Freitag, 10. März, 19 Uhr) durchzuatmen und neue Kräfte zu schöpfen.
Mit voller „Kapelle“, einer harmonischen Orchestrierung und mehr Optionen in Iisalos Besetzung wie Teamrotation sind die Aussichten auf Zählbares fürs Tabellenbild wieder besser. Und Mut steigt ja bekanntlich mit jeder (nächsten) Gelegenheit …
„Glückwunsch an Coach Filipovski und Würzburg zum Sieg. Wir waren bereit und sind sehr fokussiert in das Spiel gestartet, haben dann aber aus irgendeinem Grund ziemlich schnell die Kontrolle verloren. Danach war es dann die meiste Zeit ziemlich einseitig, in erster Linie wegen der Punkte in der Zone, die für Würzburg mit 62:30 ausgegangen sind, und auch wegen der Punkte aus zweiten Chancen mit 24:9 für Würzburg. Der einzige Weg zum Sieg wäre für uns heute gewesen, das Possession Game zu gewinnen. Wir hatten aber sechs Offensivrebounds weniger und drei Ballverluste mehr. Vor allem Carvacho hat einen guten Job gegen unsere großen Jungs gemacht und viele Offensivrebounds geholt. Diese Dinge haben den Unterschied ausgemacht.“
Joonas Iisalo, Headcoach der MLP Academics
„Glückwunsch an meine Spieler und danke an unsere Fans für die Unterstützung. Es war ein schwieriges Spiel, weil einige Spieler in unserem jungen Team vor ihren freien Tagen in der Länderspielpause mit dem Kopf vielleicht nicht mehr hier sind. Heidelberg ist heute auch ohne einige wichtige Spieler angetreten, deswegen bestand außerdem die Gefahr, dass wir zu entspannt sind und deswegen das Spiel verlieren. Heidelberg hat hart gekämpft und ist im Gegensatz zu uns gut gestartet. Aber wir haben dann einen Weg gefunden, nicht viele Punkte zuzulassen und das Spiel zu gewinnen. Ich bin sehr zufrieden mit dem Sieg und wünsche Heidelberg alles Gute für die Zukunft.“ –
Sasa Filipovski, Headcoach der Baskets
Für die MLP Academics Heidelberg spielten: Vincent Kesteloot 17 (1 Dreier), Shy Ely 12 (2), Bennet Hundt 10 (2), Lukas Herzog 10 (2), Max Ugrai 8 (1), Elias Lasisi 6 (2), Bryan Griffin 4, De’Jon Davis 4, Felix Edwardsson.
Würzburg Baskets: Nicolas Carvacho 24, Cameron Hunt 21 (1), Stanley Whittaker 13, O‘Showen Williams 12 (1), Felix Hoffmann 7 (1), Dayon Griffin 7 (1), Filip Stanic 4, Elijah Ndi 2, Collin Welp, Julius Böhmer.
Text: Joachim „Jogi“ Klaehn
MLP Academics Heidelberg
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