Matthias Lautenschläger, Geschäftsführender Gesellschafter der MLP Academics Heidelberg, erklärt im Interview zum Saisonauftakt, wie die Organisation weiter als Basketball-Standort und in der Gesellschaft wachsen will.
Seit über zehn Jahren ist er der Kopf der MLP Academics Heidelberg: Matthias Lautenschläger (42) geht voller Vorfreude in die Saison der easyCredit Basketball Bundesliga, in der sich die Heidelberger nach einem überzeugenden Premierenjahr weiter sportlich wie strukturell etablieren möchten. Matthias ist studierter Diplom-Betriebswirt, allgemein sportbegeistert und glühender Fan der MLP Academics, die er gemeinsam mit seinen Mitgesellschaftern kontinuierlich weiterentwickeln will. Zur Einstimmung auf den am Sonntag (15 Uhr, SNP Dome) ersten Sprungball gegen die MHP Riesen Ludwigsburg gibt es exklusiv für unsere Leser und Nutzer folgendes Interview.
Matthias, Du warst wie viele Fans vom Auftritt des deutschen Teams bei der Eurobasket im Spätsommer sehr angetan. Vermag die Liga diesen Schwung mitzunehmen?
Wir stehen wie viele andere Sportarten auch vor der Herausforderung, die breite Masse zu erreichen. Der anhaltende Trend der Abdeckung durch Zahlsender oder kostenpflichtigen Streamingdiensten sorgt für eine recht unübersichtliche Situation, die den jeweiligen Sportarten, bei denen der Ball nicht mit dem Fuß gespielt wird, nicht wirklich hilft und weiter in die Nische zwingt. Auf die EM wurden wir selbstverständlich häufig angesprochen. Das hat dem Sport in der kurzfristigen Wahrnehmung sicher gutgetan. Wie nachhaltig dieser Effekt ist, wird man sehen.
Wie können gerade auch die MLP Academics den Funken der EM-Begeisterung in der hiesigen Region sprühen lassen?
Für uns wird es darum gehen, uns als Standort zu etablieren, der fest in der Gesellschaft verankert ist und sich in dieser einbringt. Von kurzfristigen Effekten wie einer Basketball-Europameisterschaft sollten wir uns weitestgehend unabhängig machen.
Am Sonntag geht’s mit einem Baden-Württemberg-Derby los. Wie stehen die sportlichen Vorzeichen im Duell mit den MHP Riesen?
Das Auftaktprogramm ist generell sehr herausfordernd. Von einem ähnlich furiosen Saisonstart wie letzte Saison ist daher nicht auszugehen. Gegen Ludwigsburg gelang uns in der vergangenen Saison der wohl überraschendste Sieg. Auch damals war diese Partie unser erstes Heimspiel. Vielleicht ist das ja ein gutes Omen, allerdings schätze ich sie auch in dieser Saison als einen Playoff-Kandidaten mit der berechtigten Hoffnung auf einen Platz unter den ersten Fünf ein.
Zum Teamcheck, Matthias: Ihr habt einige Neuverpflichtungen geholt, mit dem Ex-Leimener Akeem Vargas einen für die Rückkehr in die alte Heimat überzeugt. Wie stark ist das neue Kollektiv?
Das wird sich zeigen müssen. Insgesamt sehe ich uns schon auf einigen Positionen verbessert, allerdings lief die Vorbereitung durch das jeweils abrupte Profi-Karriereende von Kuppe und Stockard nicht optimal. Auch die Verletzungen zweier Leistungsträger haben es uns erschwert, in einen guten Rhythmus zu kommen. Ich glaube, dass wir daher ein wenig Geduld mit der Mannschaft haben sollten, bis sie sich als Kollektiv gefunden hat.
Mit dem Finnen Joonas Iisalo und dem Niederländer Hylke van der Zweep steht ein neues Trainergespann an der Seitenlinie. Auf welche Trainerphilosophie und welchen basketballerischen Stil dürfen sich die Fans der MLP Academics freuen?
In der Vergangenheit gehörten wir stets zu den langsamsten Teams der jeweiligen Liga. Das war auch in ProA-Zeiten schon so, wird sich nun aber grundlegend ändern. Wir sind eine körperlich kleine, jedoch sehr schnelle und recht athletische Mannschaft. Die Zuschauer erwartet ein attraktiver, dynamischer Spielstil, bei welchem stets versucht wird, durch schnelles Passspiel die besten Wurfoptionen herauszuspielen.
Welches Saisonresultat würdest Du am liebsten sofort unterschreiben?
Persönlich würde ich den 12. Platz als sehr großen Erfolg bezeichnen. Wenn Du mich fragst, was ich am liebsten unterschreiben würde, würde ich natürlich die Playoffs nennen. Allerdings sind wir noch nicht so weit, weshalb wir den Klassenerhalt als oberstes Ziel ausgerufen haben.
Berlins erfahrener Geschäftsführer Marco Baldi, ein Schwabe und selbst mal in Ludwigsburg aktiv, hat von „Abstrahlungsmechanismen der EM“ gesprochen, doch vom Thema Hype will er angesichts vom Ausbleiben eines Booms nach 1993, 2002 und 2005 nichts wissen. Wie ordnest Du das ein?
So ähnlich sehe ich das auch. Hätte Deutschland die EM gewonnen, was durchaus möglich war und künftig auch möglich sein wird, wäre der Effekt nachhaltiger. Allerdings, wie oben bereits erwähnt, müsste die breite Öffentlichkeit über eine regelmäßige und qualitativ ansprechende Zweitverwertung in den öffentlich-rechtlichen Sendern erreicht werden.
Liegen die Schritte der kleinen Erfolge vielleicht darin, erst einmal die Menschen außerhalb der Basketball-Blase zu erreichen?
Ich bin der festen Überzeugung, dass Basketball die Sportart schlechthin ist, die auch Menschen begeistern kann, die den Sport selbst nie betrieben haben. Basketball ist schnell, abwechslungsreich, bietet eine perfekte Symbiose aus Präzision und Athletik, Show und Sport und ist für alle Zielgruppen geeignet. Ob Familie, Studierende oder Rentnerinnen und Rentner. Die Fanszene im Basketball kennt keine Ausschreitungen, von ein paar Standorten abgesehen auch keine Schmähgesänge oder dergleichen. Meine Kinder würde ich beispielsweise nicht zu allen Sportveranstaltungen mitnehmen. Beim Basketball hingegen hatte ich da nie irgendwelche Bedenken.
TV-Präsenz ist das eine, die Telekom-Plattform Magentasport hat noch kommende Saison die Rechte. Die anderen Formen der Multiplikation sind: Mehr Fans am Standort und in der Region, mehr Merchandising, mehr begleitende Events, mehr zielgruppenorientierte Werbemaßnahmen, noch mehr Affinität seitens der umliegenden Basketball-Vereine, mehr Abos im TV für Basketball – bedeuten unterm Strich auch mehr Zuschauer im SNP Dome und bei der Stippvisite in der Mannheimer SAP Arena am 27. Dezember. Kannst Du da mitgehen?
Das trifft es ganz gut. Ich glaube, dass es darüber hinaus wichtig ist, seiner gesellschaftlichen Verantwortung nachzukommen. Sich zu wichtigen Themen, jedoch niemals politisch, zu positionieren und die jeweilige Haltung auch zu untermauern. Wir stehen immer noch am Anfang, aber wir machen derzeit sehr viele wichtige und große Schritte nach vorne.
Frage aus Fansicht: Wie werdet Ihr auf den Pandemieherbst mit möglicher Maskenpflicht reagieren?
Wenn die Maskenpflicht kommt, werden wir dafür sorgen, dass wir und unsere Zuschauerinnen und Zuschauer diese befolgen. Das hat in Heidelberg stets sehr gut und vorbildlich geklappt. Unsere Fans sind sehr verantwortungsvoll und nehmen das Thema ernst.
Eine volle Hütte und den „Hexenkessel SNP Dome“ wünschen sich alle. Was können Team und Organisation im Vorfeld auf jeden Fall versprechen?
Dass wir alles dafür tun, dass jeder Zuschauer eine tolle Zeit bei uns hat, sich gut unterhalten und bei unseren Spielen wohl fühlt. Wenn diese Atmosphäre im SNP Dome ankommt, überträgt sich das auch auf die Organisation und am Ende auch auf die Mannschaft. Davon bin ich überzeugt. Positive Energie kann sehr viel bewegen.
Ich danke Dir für dieses informative Gespräch zum Saisonstart.
Text: Joachim „Jogi“ Klaehn
MLP Academics Heidelberg
Kommunikation und Medien